Nein der USA zu Sonderermittler sorgt für Kritik
Archivmeldung vom 22.06.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtPolitiker aus Koalition und Opposition weisen das Nein der USA zu einem Sonderermittler zur Aufklärung der Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendiensts (BND) mit dem US-Geheimdienst NSA zurück. Zu "vertraulichen internen Beratungen mit ausländischen Staaten" nehme die Bundesregierung nicht öffentlich Stellung, sagte einer ihrer Sprecher der "Welt".
Heftige Kritik übten Politiker von SPD, Grünen und FDP: "Den Verzicht auf den Sonderermittler können und werden wir nicht akzeptieren", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner der "Welt". "Wenn die Amerikaner das nicht wollen, besteht umso mehr die Notwendigkeit, die Sache in Deutschland zu entscheiden."
Die sogenannte Selektorenliste solle nicht veröffentlicht werden, sagte Stegner. "Das Modell mit dem Sonderermittler muss möglich sein. Ein Verzicht lässt unsere Verfassungsordnung wackeln. Der amerikanische Kongress würde seiner Regierung eine ablehnende Haltung niemals durchgehen lassen."
Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, sagte der Zeitung, die Ablehnung der USA zeige, "welch eine Beruhigungspille uns die Bundesregierung verabreichen will". Er fügte hinzu: "Die Einsetzung eines Sonderbeauftragten ist der Versuch derselben schlechten Finte wie das hohle Versprechen eines No-Spy-Abkommens." Die Bundesregierung müsse diese "miesen Spiele endlich beenden und sich dort an der Aufklärung beteiligen, wo sie hingehört: ins Parlament".
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki nannte es "völlig inakzeptabel", die Erfüllung verfassungsrechtlicher Pflichten der Regierung gegenüber dem Parlament "von der Zustimmung einer ausländischen Macht abhängig zu machen, befreundet oder nicht". Er forderte: "Das Parlament muss seine Rechte notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Sonst etabliert sich Deutschland als Vasallenstaat." Das von der schwarz-roten Koalition angestrebte Modell eines Sonderermittlers für die Selektorenliste sei dabei "ohnehin zu wenig".
Zuvor war bekannt geworden, dass Washington in der BND/NSA-Affäre den Kompromissvorschlag der Bundesregierung ablehnt. Die US-Regierung stemme sich gegen die geplante Einsichtnahme eines Sonderermittlers in die geheime sogenannte Selektorenliste der NSA mit Suchbegriffen wie Telefonnummern und E-Mail-Adressen, berichtet "Bild am Sonntag".
Trotz politischen Drucks dürfe die Bundesregierung keine Staatsgeheimnisse verraten, hieß es demnach in der US-Hauptstadt. Ein Sprecher der deutschen Bundesregierung sagte der "Welt": "Es gilt das Angebot der Bundesregierung an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, eine in ihrer Bewertung unabhängige sachverständige Vertrauensperson einzusetzen."
Diese Vertrauensperson solle die Selektorenlisten untersuchen, ohne damit konkrete Inhalte der Listen offenzulegen, sagte der Sprecher: "Die Ergebnisse der Prüfungen sollen dem Untersuchungsausschuss, dem Parlamentarischen Kontrollgremium und der G-10-Kommission zur Verfügung gestellt werden."
Quelle: dts Nachrichtenagentur