Bosbach befürchtet Gewalteskalation bei Militärschlag gegen Syrien
Archivmeldung vom 28.08.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), befürchtet im Falle eines Militärschlags gegen Syrien eine Eskalation der Gewalt. "Ich befürchte, dass ein Militärschlag gegen Syrien mehr Probleme schafft als löst. Ich fürchte, dass es zu einer Eskalation der Gewalt kommen könnte", sagte Bosbach in der Fernsehsendung "Deutschland akut - der Welt Talk" (N24). "Aber wir stehen vor einem Dilemma, da die Staatengemeinschaft nicht hilflos zusehen kann, wie Menschen umgebracht und vergast werden."
Der CDU-Politiker betonte, er setze auch weiterhin auf Diplomatie statt auf einen Militäreinsatz. "Ich würde versuchen, mit allen politischen Mitteln eine friedliche Lösung herzustellen. Im Moment halte ich politischen Druck für Erfolg versprechender als eine militärische Auseinandersetzung."
Merkel: Internationale Gemeinschaft muss auf Giftgaseinsatz in Syrien reagieren
Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss die internationale Gemeinschaft auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien reagieren. "In Syrien findet ein furchtbarer Bürgerkrieg statt, der bereits über 100.000 Menschenleben gefordert hat. Vergangene Woche waren schreckliche Bilder von Menschen in Damaskus zu sehen, die ganz offensichtlich Opfer eines Einsatzes von Giftgas geworden sind. Die internationale Gemeinschaft muss darauf reagieren", sagte die Kanzlerin der "Mittelbayerischen Zeitung" (Donnerstagausgabe). Merkel stimme das deutsche Vorgehen mit den europäischen Partnern und den USA ab. Beenden lasse sich der Bürgerkrieg in Syrien aber "nur durch eine umfassende politische Lösung", betonte die Kanzlerin. Deutschland unterstütze die Initiative der USA und Russlands, eine internationale UN-Konferenz zu Syrien abzuhalten: "Wir müssen die Bürgerkriegsparteien an einen Tisch bekommen", sagte Merkel.
Ex-Generalinspekteur Kujat sieht Militärschlag gegen Syrien kritisch
Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, hat zurückhaltend auf den geplanten Militärschlag gegen Syrien reagiert. "Dieser Einsatz folgt keiner außen- und sicherheitspolitischen Logik und hat keinerlei strategische Funktion. Der Bürgerkrieg wird dadurch nicht beendet werden", sagte Kujat "Handelsblatt-Online". "Es ist eine Strafaktion. Und nur eine Strafaktion. Sonst nichts. Das ist immer kritisch zu beurteilen."
Gleichwohl ist aus Kujats Sicht dennoch Handeln geboten, weil sonst der syrische Präsident Baschar al-Assad noch härter gegen das eigene Volk vorgehen könnte. "Allerdings kann es natürlich sein, dass dieser Konflikt, der zwar regionale Auswirkungen hat, aber noch nicht regional ausgetragen wird, tatsächlich zu einem Flächenbrand wird durch den Iran und die Hisbollah im Libanon", fügte der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr hinzu. "Das kann aber auch so sein, wenn wir nichts tun. Dieses Dilemma ist nicht aufzulösen."
Abgesehen davon diene der Einsatz auch der Abschreckung vor weiteren Chemiewaffeneinsätzen. "Wenn dann noch die syrischen Luftstreitkräfte und Kommandostrukturen ausgeschaltet werden, hat das durchaus eine Schwächung der syrischen Armee zur Folge, was den Rebellen einen taktischen Vorteil verschaffen könnte", sagte Kujat.
Grüne fordern Westerwelle zu Vermittlung im Syrien-Streit auf
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katja Keul, hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) aufgefordert, sich stärker für eine Syrien-Lösung unter Einbeziehung des UN-Sicherheitsrats einzusetzen. "Ich erwarte von einem deutschen Außenminister, in dieser Situation einen intensiven diplomatischen Einsatz zwischen Moskau, Washington und Peking", sagte Keul "Handelsblatt-Online". "Das gegenseitige Beharren auf die eigene Sicht der Dinge muss endlich aufgegeben werden, wenn sich echte Handlungsoptionen ergeben sollen", fügte die Grünen-Politikerin mit Blick auf die Vetomächte Russland und China hinzu, die einen von den USA geplanten Militärschlag gegen Syrien ablehnen.
Keul warnte für den Fall eines Alleingangs der Vereinigten Staaten vor einem Bruch des Völkerrechts. Die völkerrechtliche Lage möge unbefriedigend sein, sie sei aber eindeutig. "Auch ein Bruch von Völkerrecht rechtfertigt keinen weiteren Rechtsbruch", sagte Keul unter Hinweis auf die sogenannte Schutzverantwortung der Vereinten Nationen (Responsibility to protect - R2P) ein Rechtsprinzip, das begründet, warum die internationale Gemeinschaft auch bei innerstaatlichen schweren Menschenrechtsverletzungen Maßnahmen ergreifen kann. "Voraussetzung ist aber auch in diesen Fällen immer ein Beschluss des Sicherheitsrats", betonte Keul. Es sei aber "in der Tat zu befürchten, dass die USA, Frankreich und England das Völkerrecht missachten werden, um gesichtswahrende Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen." Den Menschen in Syrien sei damit aber nicht geholfen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur