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Vermittler dementiert Bericht über schlechte Verfassung Chodorkowskis

Archivmeldung vom 21.12.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.12.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Doris Oppertshäuser
Michail Chodorkowski, 2001
Michail Chodorkowski, 2001

Foto: PressCenter of Mikhail Khodorkovsky and Platon Lebedev
Lizenz: CC-BY-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der deutsche Russland-Experte Alexander Rahr, der Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher bei dessen Bemühungen um eine Freilassung von Michail Chodorkowski beriet, hat Berichte über eine schlechte Verfassung des Kreml-Kritikers zurückgewiesen. "Ich habe ihn nicht geschwächt erlebt", sagte Rahr, der Chodorkowski am Flughafen in Berlin mit Genscher in Empfang nahm, der Online-Ausgabe der "Welt".

Er ist in der Haft nicht gerade dicker geworden, hat ja jahrelang nicht richtig gegessen und getrunken. Aber er sah dennoch so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte." Chodorkowski sei "überglücklich, aber gefasst" gewesen und habe auf der Fahrt zum Hotel die ganze Zeit mit seiner Familie telefoniert. Im Hotel selbst habe man noch gemeinsam einen Wodka getrunken. Nach einer kurzen Ansprache von Genscher habe sich Chodorkowski mit seinen Anwälten zurückgezogen. Rahr war von Genscher vor zweieinhalb Jahren gebeten worden, ihn bei der Vermittlung um eine Begnadigung Chodorkoswkis zu unterstützen, unter anderem als Übersetzer von Briefen. "Ich habe ihm damals mein Ehrenwort gegeben, dass niemand davon erfahren wird, nicht einmal meine Frau", sagte Rahr der "Welt". "Hätte es undichte Stellen gegeben, wäre es vielleicht auch nicht geglückt."

Die Freilassung sieht Rahr als ein Zeichen für das Bemühen, Putins, die deutsch-russischen Beziehungen zu normalisieren. "Vielleicht hat man damit gewartet, bis die neue Bundesregierung kam, um gewisse Signale auszusenden", sagte Rahr der "Welt". Rahr ist Wladimir Putin 1993 zum ersten Mal persönlich begegnet. Auch Chodorkowski kennt er persönlich, lud ihn vor seiner Haft mehrfach nach Berlin ein, das letzte Mal im September 2003 zu einer großen Konferenz. "Chodorkowski hat sich dort so kritisch über Putin geäußert, dass jemand im Saal fragte, ob er nicht Angst habe verhaftet zu werden", sagte Rahr. "Zwei Wochen später wurde er verhaftet."

Steinmeier begrüßt Freilassung Chodorkowskijs

Die Freilassung des Kreml-Kritiker Michail Chodorkowskij aus zehnjähriger Lagerhaft ist am Wochenende von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßt worden. "Ich freue mich, dass Michail Chodorkowskij in Freiheit in Deutschland ist. Allen, die daran Anteil hatten, gebührt mein Dank", sagte Steinmeier der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.). Auch andere Politiker zeigten sich über die Freiheit für Chodorkowskij erfreut, äußerten sich aber skeptisch, ob die Begnadigung durch Präsident Wladimir Putin einen Kurswechsel in der russischen Politik darstelle.

Der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff sagte, eine Begnadigung könne rechtsstaatliche Verfahren nicht ersetzen. Die Prozesse gegen Chodorkowskij 2005 und 2010 hätten rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprochen. "Es gibt zahlreiche weitere Fälle politischer Justiz in Russland. Wir hoffen, dass es hier eine Veränderung gibt", sagte Schockenhoff der F.A.S.

Die Grünen-Politikerin Marieluise Beck sagte: "Bei aller Freude ist das Schwierige an einem Gnadengesuch, dass derjenige, der eine Geisel genommen hat, jetzt den Dank für die Großzügigkeit der Freilassung bekommt." Das hinterlasse einen bitteren Nachgeschmack.

Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sagte, falls die Freilassung Chodorkowskijs eine Chance biete, die Beziehungen der EU zu Russland zu verbessern, dann sollte man sie nutzen. Russland habe große wirtschaftliche Probleme und sei auf Zusammenarbeit angewiesen.

Der Abgeordnete Gernot Erler (SPD) sagte: "Ich glaube nicht, dass die Freilassung Chodorkowskijs der Beginn einer geplanten Liberalisierung in Russland ist." Es gehe Putin um den Image-Gewinn vor den Olympischen Spielen in Sotschi.

Stefan Liebich, Außenpolitiker der Linkspartei, sagte, er freue sich über die Freilassung. "Man hat allerdings den Eindruck, dass der Staatschef entscheidet, wer ins Gefängnis kommt und wer freikommt", sagte Liebich der F.A.S.

Steinmeier: Anständige Grundlage für weitere Gespräche mit Moskau

Außenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) hat die Entscheidung von Russlands Präsidenten Wladimir Putin begrüßt, den Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski freizulassen und sieht in der Freilassung eine Grundlage für weitere Gespräche mit Moskau. "Unabhängig davon, was die Motive waren, es sind gute Entscheidungen, die in Moskau in den letzten Tagen gefallen sind", sagte Steinmeier dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag": Michail Chodorkowski sei schon in Freiheit. "Tausende Gefangene, die von der Staatsduma amnestiert wurden, werden bald auf freien Fuß kommen. Beides geht in die richtige Richtung, das ist eine anständige Grundlage für weitere Gespräche, die wir führen wollen, gerade im Bereich von Modernisierung und Rechtsstaatlichkeit.

Claudia Roth: Putins Gnadenakt macht ihn nicht zum Demokraten

Die Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat die Freilassung des Kreml-Kritikers Michail Chodorkowski begrüßt. "Michail Chodorkowski wünsche ich nach zehn Jahren Tortur zusammen mit seinen Liebsten eine friedliche und glückliche Lebensperspektive", sagte Roth dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". "Aber dieser Putin'sche Gnadenakt nach Gutsherrenart macht ihn nicht zum Demokraten, schon gar nicht zum lupenreinen", fügte sie hinzu.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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