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Wirtschaftswissenschaftler sieht große Probleme beim Vereinigungsprozess der beiden Koreas

Archivmeldung vom 11.12.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.12.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Das geteilte Korea Bild: Johannes Barre / de.wikipedia.org
Das geteilte Korea Bild: Johannes Barre / de.wikipedia.org

Wirtschaftsprofessor Ulrich Blum von der Universität Halle-Wittenberg sieht den Vereinigungsprozess in Korea vor größeren Problemen, als es bei den beiden deutschen Staaten der Fall war. So hätten die neuen Länder zur Wiedervereinigung etwa 20 Prozent der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik, sagte Blum der "Mitteldeutschen Zeitung".

 Nordkorea besitze aber nur fünf Prozent der Leistung Südkoreas. Nach Auffassung des Forschers müsse Nordkoreas Wirtschaftskraft pro Kopf zügig auf 60 Prozent des südkoreanischen Niveaus gebracht werden, um eine massenhafte Abwanderung aus dem Norden in den Süden zu verhindern. "In Ostdeutschland mussten 40 Prozent der Wirtschaftskraft durch Investitionen ergänzt werden, um ein 60-Prozent-Niveau zu erreichen", erklärt der Wissenschaftler. Südkorea müsste 55 Prozent ergänzen. Auf Basis der Zahlen bedeute dies für Südkorea Transferzahlungen von 265 Milliarden US-Dollar pro Jahr. In Deutschland waren es 166 Milliarden US-Dollar.

Blum betreibt seit 20 Jahren erst an der TU Dresden und dann jahrelang als Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle die sogenannte Transformationsforschung - von der Plan- zur Marktwirtschaft. Er nahm erst kürzlich an einer Konferenz in der Hauptstadt Seoul teil, um beratend zur Seite zu stehen. Er verweist nicht nur auf ökonomische, sondern auch soziale Herausforderungen: "Viele Nordkoreaner seien durch Lagerhaft traumatisiert." Diesen Menschen müsse, auch wenn ihre Arbeitskraft eingeschränkt ist, eine wirtschaftliche Perspektive gegeben werden. Allerdings kann Südkorea aus Sicht von Blum von den Erfahrungen der deutschen Vereinigung lernen. So habe die schnelle Einführung der D-Mark in den neuen Ländern dazu geführt, dass ostdeutsche Betriebe über Nacht ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren haben. Die Währung sei zu stark für sie gewesen. Ökonomisch gesehen, sei es einfacher, eine Wirtschaft mit einer schwachen Währung umzustrukturieren. Die deutsche Einheit lehrt auch, dass durch vereinigungsbedingte große Immobilien - und Infrastruktur-Projekte sehr schnell steigende Löhne in der Bauwirtschaft auf die restlichen Industrien überschwappen. Dies setze diese zusätzlich unter Druck.

Als wichtige Aufgabe sieht Blum die Sicherung von Fachkräften an: "Viele Ingenieure und Fachkräfte im Norden arbeiten im Rüstungssektor." So sei dort etwa die Materialwissenschaft angesiedelt. Nach dem Zusammenbruch müssten diese "Wissenszentren" erhalten bleiben. "Sind die Spezialisten erst einmal abgewandert, wird es schwer, neue Industrien anzusiedeln."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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