IWF fürchtet "tiefe Rezession" in Europa
Archivmeldung vom 30.03.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Internationale Währungsfonds (IWF) kalkuliert mit "gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen" der Corona-Pandemie in Europa. Das Virus habe Europa "mit atemberaubender Heftigkeit" getroffen, zitiert die "Süddeutsche Zeitung" den IWF.
In den großen Volkswirtschaften falle wegen der landesweit angeordneten Schließungen ganzer Branchen rund ein Drittel der Produktion aus. "Das bedeutet, dass in jedem Monat, in dem diese Sektoren geschlossen bleiben, das jährliche Bruttoinlandsprodukt um drei Prozent sinkt." Hinzu kämen die Störungen und Auswirkungen auf die übrige Wirtschaft. Europa werde in eine "tiefe Rezession stürzen".
Niemand könne wissen, wie lange sie anhalten werde.
Der Währungsfonds weist darauf hin, dass die sozialen Marktwirtschaften Europas nicht auf Krisen wie diese ausgerichtet seien. Die Regierungen stemmten sich mit "aggressiven" Maßnahmen dagegen, sowohl zeitlich als auch vom Umfang her. "Wenn es jemals eine Zeit für die Verwendung verfügbarer Finanzpuffer und politischer Räume gab, dann ist es das jetzt." Die von den Ländern in Windeseile geschnürten Rettungsprogramme und die Aussetzung fiskalischer Regeln seien die richtige Antwort, schreibt der IWF in einem Blog.
"Die Haushaltsregeln und -grenzen werden zu Recht ausgesetzt, um eine umfassende Soforthilfe zu ermöglichen." Zentralbanken hätten zudem massive Programme für den Ankauf von Vermögenswerten auf den Weg gebracht. Und die Finanzaufsicht Anforderungen gelockert, damit Banken weiterhin die Wirtschaft stützen können. Der IWF hält die groß angelegten Interventionen der Europäischen Zentralbank sowie die Forderung der europäischen Staats- und Regierungschefs, dass Länder in Notlagen den Euro-Rettungsfonds nutzen können, für "wichtig".
Die Entschlossenheit der Euro-Staaten, das Notwendige zur Stabilisierung des Euro zu tun, "sollte nicht unterschätzt werden".
Die Idee gemeinsamer Euro-Anleihen, sogenannter Corona-Bonds, wird nicht erwähnt. Der IWF verweist darauf, dass die meisten der europäischen Länder, die nicht Mitglied der EU sind, bereits um Finanzhilfen in Washington angefragt hätten. "Von Russland und der Türkei abgesehen, haben die meisten der neun Nicht-EU-Schwellenländer in Mittel- und Osteuropa bereits Soforthilfe beantragt", heißt es in dem Blog. Sie kommen zu den mehr als 70 Ländern hinzu, die ohnehin bereits Soforthilfe beim IWF angefragt haben. "Das ist die höchste Zahl an Nachfragen nach Krediten, die der IWF jemals zu einem Zeitpunkt hatte." Die Länder ersuchen um schnelle Kredite, um die unmittelbaren Folgen der Corona-Krise zu finanzieren. Der IWF erwartet, dass weitere Länder folgen werden.
Quelle: dts Nachrichtenagentur