Isaf-Regionalkommandeur warnt vor "sehr gefährlicher Zeit" in Nordafghanistan
Archivmeldung vom 06.09.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer deutsche Isaf-Regionalkommandeur Markus Kneip sieht die internationalen Truppen in Nordafghanistan vor entscheidenden Wochen. "Wir haben eine sehr gefährliche Zeit vor uns", sagte der Generalmajor im Interview der Tageszeitung "Die Welt". "Im Winter wird sich zeigen, ob es dem Gegner gelingt, in seine Räume zurückzukommen, sich auszudehnen, Vorräte anzulegen." Bis dahin würden die Aufständischen alles versuchen, um wieder die Initiative zu gewinnen oder spektakulär zuzuschlagen. "Ich denke aber, wir sind auf dem richtigen Weg", sagte der General weiter. "Insgesamt merken wir, dass die Komplexizität der Angriffe und die Intensität etwas nachgelassen haben."
Gleichzeitig sei aber auch die Brutalität der Angriffe gestiegen, ebenso die Zahl der Sprengfallen, die eine große Gefahr für Soldaten und Bevölkerung darstellten. Mittlerweile könnten Isaf-Kräfte zwar die Mehrzahl der Sprengfallen aufklären, dennoch müsse man alle Möglichkeiten zum Schutz nutzen, auch unkonventionelle, betonte Kneip. Zum Beispiel seien im Norden schon einige zivile Bewachungskräfte im Einsatz, die minengefährdete Straßen, Brücken oder Versorgungseinrichtungen kontrollieren. Bisher sammle man recht gute Erfahrungen mit diesem Arbeitsbeschaffungsprogramm.
"Wir überlegen uns außerdem, Handys auszugeben an Leute, die uns solche Dinge melden; oder ein Fahrrad oder Motorrad, mit dem sie Streife fahren können", berichtete Kneip weiter. Außerdem prüfe man, Flugblätter zu verteilen und Prämien für gemeldete oder gefundene Sprengkörper zu zahlen. In einigen Distrikten gebe es bereits eine Hotline, eine Art 110-Ruf.
General Kneip wurde am 28. Mai bei einem Sprengstoffanschlag auf ein lokales Sicherheitstreffen in Talokan verwundet. Nach diesem Attentat und auch anderen ähnlichen Vorfällen frage man sich jetzt noch genauer: "Wer weiß von bestimmten Veranstaltungen? Wer nimmt teil? Welche An- und Abmarschwege gibt es?", sagte Kneip weiter. Das müsse ständig neu bewertet werden. Insgesamt sei das Arbeiten mit den Afghanen immer eine Abstimmung - "weil wir nur ihre Partner sind. Wir sind auch nicht die Hausherren hier." Aus dem Vorfall in Talokan ziehe er auf keinen Fall die Lehre, dass man nicht mehr mit den Afghanen kooperieren dürfe. "Das wäre fatal. Sich zu schützen, indem man die Afghanen weder einlädt noch sie besucht, das wäre das Ende des Auftrags."
Quelle: dts Nachrichtenagentur