Zunehmende Gewalt in der somalischen Hauptstadt Mogadischu
Archivmeldung vom 02.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNeue Kämpfe der somalischen Hauptstadt Mogadischu haben zu vielen Verwundeten geführt und Tausende Menschen zur Flucht getrieben. ÄRZTE OHNE GRENZEN behandelt die Verletzten und versorgt die Vertriebenen mit Hilfsgütern.
Seit vergangener Woche hat das Team von ÄRZTE OHNE GRENZEN im Daynile Krankenhaus am Rande Mogadischus mehr als 100 Verwundete behandelt, darunter viele Frauen und Kinder. Die Patienten litten an Verletzungen durch Kugeln oder Mörsergranaten an Kopf, Bauch oder Brust. Viele brauchten chirurgische Notfalleingriffe.
An der Verbindungsstraße zwischen Mogadischu und dem Ort Afgooye leben bereits mehr als 250.000 Vertriebene unter dramatischen Bedingungen. Mitarbeiter von ÄRZTE OHNE GRENZEN schätzen, dass seit vergangenem Mittwoch mindestens 9.000 Menschen hinzugekommen sind. Obwohl die Teams versuchen, diesen Menschen Hilfsgüter wie Seife, Plastikplanen und Decken sowie Nahrungsmittel zu liefern, können die Grundbedürfnisse kaum gedeckt werden. Um zu überleben, sind die Menschen vollständig auf Nahrungsmittelhilfe von außen angewiesen. Diese Hilfe wird allerdings nicht kontinuierlich, sondern nur sporadisch verteilt. Ganze Familien haben keine Unterkunft, es fehlt ihnen an ausreichend Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung.
"Die Situation ist schrecklich. Wegen des konstanten Vertriebenenstroms aus Mogadischu werden die Lager immer voller, und die ohnehin schon grausamen Lebensbedingungen verschlimmern sich noch", beschreibt Landeskoordinator Kenneth Lavelle die Situation. "Eine Familie mit fünf Personen zum Beispiel hat weniger als ein paar Quadratmeter zur Verfügung und darauf keine richtige Unterkunft."
ÄRZTE OHNE GRENZEN ist seit 2007 in Gesundheitszentren in den Orten Hawa Abdi und Afgooye aktiv. Die angespannte Sicherheitslage ist sowohl für die Bevölkerung als auch für die Helfer vor Ort eine große Belastung. "ÄRZTE OHNE GRENZEN war bis jetzt in der Lage, auf die Probleme zu reagieren. Vor allem dank unserer somalischen Mitarbeiter. Diese nehmen enorme Risiken auf sich, um sofortige Hilfe leisten zu können. Wegen der prekären Sicherheitslage ist es uns aber nicht möglich, unsere Hilfe über unmittelbar lebensrettende Maßnahmen hinaus auszuweiten", so Lavelle. "Diese beinhalten medizinische Grundversorgung, Nahrung, Sanitäreinrichtungen und Wasser. Wenn man die Schwere der Situation betrachtet, ist unsere Hilfe mit Sicherheit nicht ausreichend."
Seit Januar haben die Mitarbeiter im Daynile Krankenhaus 3.700 Verwundete behandelt. Mehr als die Hälfte von ihnen waren Frauen und Kinder unter 16 Jahren. Von April bis Ende September betreute ÄRZTE OHNE GRENZEN in Hawa Abdi und Afgooye rund 7.000 schwer unterernährte Kinder. In diesem Zeitraum wurden außerdem 3.000 medizinische Konsultationen durchgeführt. Wegen der angespannten Sicherheitslage ist es Ärzte ohne Grenzen derzeit nicht möglich, mit internationalen Mitarbeitern in Somalia zu arbeiten. Die Programme laufen dank der somalischen Mitarbeiter weiter.
Quelle: ÄRZTE OHNE GRENZEN