Industriebeihilfen: Paris wirft Brüssel "veraltetes Denken" vor
Archivmeldung vom 23.01.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie französische Regierung hat der EU-Kommission in scharfen Worten vorgeworfen, staatliche Unternehmenshilfen zu verhindern und damit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu bedrohen: "Die Kommission ist von ideologischem Fundamentalismus geprägt, sie hat sich eingekapselt und hängt einem veralteten Denken nach", sagte der französische Industrieminister Arnaud Montebourg vor einem Kreis europäischer Zeitungsjournalisten in Paris, darunter die F.A.Z..
Um die französischen Unternehmen stärker zu subventionieren, will Frankreich durchsetzen, dass die Kompetenz für die Subventionsbewilligung auf die EU-Staaten rückübertragen werde, schreibt die F.A.Z. "Wenn die Industrie wieder auf die Beine kommen soll, muss man die Staatshilfen liberalisieren", sagte Montebourg. Die Vereinigten Staaten, China und Japan unterstützen ihre Unternehmen im Technologie-Wettbewerb mit "Hunderten von Milliarden Euro". Nur Europa würde von der EU-Kommission zurückgehalten. "Dabei lässt sich das nicht aus den Europäischen Verträgen ableiten. Die Regeln wurden von Bürokraten erfunden. Es handelt sich hier um ein Versagen europäischer Demokratie". Die EU-Kommission missbrauche ihre Befugnisse, wenn sie sich heute Staatshilfen ab 200.000 Euro zur Genehmigung vorlegen lasse.
Montebourg hat sich vor wenigen Tagen schriftlich an den zuständigen EU-Kommissar Joaquín Almunia gewandt. Der französische Präsident François Hollande ist über den Vorstoß informiert, heißt es in Montebourgs Umfeld. Die Europäischen Verträge in dem Sinne zu verstehen, "dass Staatseingriffe der Wirtschaft grundsätzlich schaden, ist eine rein liberale und tendenziöse Interpretation", schrieb der Industrieminister in dem Brief, der der F.A.Z. vorliegt. Im Interview griff Montebourg Almunia auch persönlich an: "Die EU-Kommission wird von Politikern wie Herrn Almunia geführt, die nicht verstehen, dass sich die Welt geändert hat". Der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso müsse sich entscheiden, ob er dem Industriekommissar Antonio Tajani folge, der für eine Renaissance der europäischen Industrie sorgen wolle, "oder Herrn Almunia, der uns auf den Kopf haut". Montebourg sagte, dass er die Unterstützung von mehr als einem Dutzend europäischer Staaten habe, darunter Großbritannien, Italien und Spanien.
Den deutschen Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel wolle er in den kommenden Tagen sprechen. Deutschland sei seiner Initiative, die er "Freunde der Industrie" nennt, nur deshalb noch nicht beigetreten, weil im Herbst noch die Koalitionsverhandlungen im Gange waren.
Der EU-Kommissar hatte die Vorwürfe des Franzosen bereits im Dezember zurückgewiesen. Die EU-Kommission würde in keiner Weise Beihilfen verhindern, solange sie gerechtfertigt seien, vor allem bei der Innovationsförderung. "Die EU verfügt über Instrumente, um ihre Wirtschaftsinteressen zu verteidigen. Ein Subventionswettlauf ist aber weder erwünscht, noch ist er durchzuhalten", schrieb Almunia und erinnerte dabei auch an die leeren Staatskassen. Der EU-Kommission die Genehmigungskompetenz zu erteilen sei richtig, weil nur die Kommission "die Neutralität der Entscheidungsfindung und die Unabhängigkeit von den Mitgliedsstaaten sichern kann"
Quelle: dts Nachrichtenagentur