Geheimhaltung: Brüssel und Berlin sehen Gentechnik-Verfahren als "Verschlusssache"
Archivmeldung vom 24.07.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Umgang mit neuen Gentechnikverfahren wird von der EU-Kommission laut Aussage der Bundesregierung als so geheim eingestuft, dass Letztere ihren Beitrag zu einer Studie aller EU-Mitgliedstaaten als "Verschlusssache" behandelt.
Dies teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium dem grünen Abgeordneten Harald Ebner mit, schreibt der "Spiegel".
Ebner hatte am 13. Juli schriftlich nach den Antworten der Bundesregierung auf einen Fragebogen der EU-Kommission zum Umgang mit Verfahren wie der Crispr-Methode oder Genome Editing gefragt.
Er erhielt die geheim zu haltenden Antworten gesondert, sie liegen dem "Spiegel" nach eigenen Angaben nicht vor. Die Studie hatte der EU-Rat im November veranlasst. Sie soll Fragen klären, die sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2018 ergeben, wonach auch mit neuen Mutageneseverfahren veränderte Organismen unter das Gentechnikrecht fallen.
Sie sind damit kennzeichnungspflichtig. Doch da die neuen Methoden in den Erzeugnissen quasi nicht mehr nachweisbar seien, argumentierte der EU-Rat, solle die Studie etwa klären, wie "die Gleichbehandlung zwischen eingeführten Erzeugnissen und in der Union hergestellten Erzeugnissen sichergestellt" werden könne.
Schweden, Spanien und die Niederlande begrüßten den von Finnland ausgehenden Vorstoß, von dem man sich offenbar rechtliche Lockerungen zugunsten der neuen Methoden verspricht. Sechs EU-Staaten, darunter Polen, Ungarn und Luxemburg, pochten dagegen darauf, den Schutzlevel nicht abzusenken. Gerade zwei Jahre nach dem richtungsweisenden EuGH-Urteil, das die Interessen der Verbraucher gestärkt hatte, "sollten weder die EU-Kommission noch nationale Regierungen versuchen, heimlich oder offen dagegen zu agieren", kritisierte Grünen-Politiker Ebner. "Sie sollten die Haltung von 80 Prozent der Bürger, die alte und neue Gentechnik auf Äckern, im Futtertrog und auf den Tellern ablehnen, respektieren."
Quelle: dts Nachrichtenagentur