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Carola Lentz: Wir können von Afrikanern in der Corona-Pandemie lernen

Archivmeldung vom 11.12.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.12.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
(Symbolbild)
(Symbolbild)

Bild: Unbekannt / Eigenes Werk

Carola Lentz, neue Präsidentin des Goethe-Instituts, will ein anderes Bild von Deutschland in aller Welt vermitteln. Das Bild des Landes müsse nach draußen diverser und vielfältiger als bisher dargestellt werden, sagte Lentz der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Sie fügte an: "Zu dem Bild Deutschlands, das das Goethe-Institut vermitteln will, gehört auch, diese Vielfalt von verschiedenen kulturellen Prägungen in unserem eigenen Land sichtbar zu machen. Das Bild unseres Landes wird dadurch differenzierter." Wichtiger als ein fest gefügter Kulturkanon sei für das Goethe-Institut das Bekenntnis zu europäischen Werten. "Wir haben durchaus Botschaften zu vermitteln. Sie betreffen die europäischen Werte, die wir ja teilen. Dazu gehören Demokratie, Meinungsfreiheit, auch die Freiheit der Entfaltung unterschiedlicher kultureller Prägungen", so Carola Lentz.

Die Arbeit des Goethe-Instituts soll nach den Worten der Präsidentin auch helfen, Tendenzen des Rechtspopulismus oder gar Rechtsradikalismus einzudämmen. "Wir wollen die Präsenz vielfältiger kultureller Perspektiven aus aller Welt in Deutschland fördern. Das gelingt gut mit einigen bewährten Formaten wie dem Kultursymposium Weimar oder der Verleihung der Goethe-Medaille", sagte Lentz. Sie will den kulturellen Blick weiter öffnen, auch und gerade für Perspektiven, "in denen Deutschland nicht der Nabel der Welt ist, auch wenn wir zu unserem im Grundgesetz verankerten Wertekanon stehen".

In diesem Zusammenhang spricht sich die Präsidentin dafür aus, Deutschlands koloniale Vergangenheit stärker als bisher aufzuarbeiten. "Ich begrüße sehr, dass inzwischen viel stärker wahrgenommen wird, dass Deutschland eben auch eine koloniale Vergangenheit hat und dass sich das letztlich nicht nur auf die Zeit der 1880er-Jahre bis zum Ende des Ersten Weltkriegs beschränkt", präzisierte Lentz. Der deutsche Kolonialismus sei nicht nur auf Afrika beschränkt gewesen. "Auch die nationalsozialistische Expansion nach Osten könnte man unter dem Stichwort Kolonialismus fassen. Das alles gehört zusammen und sollte mehr in das Bewusstsein gehoben werden", forderte Carola Lentz.

Sie kündigte zugleich an, die Geschichte des Goethe-Instituts selbst zum 70. Gründungstag der Institution im Jahr 2021 neu aufarbeiten zu wollen. Gemeinsam mit einer anderen Wissenschaftlerin will sie dazu ein Buch vorlegen. "Unsere Darstellung soll durchaus auch selbstkritisch sein. Wir wollen etwa darauf schauen, wie sich das Goethe-Institut während des Ost-West-Konfliktes in der Systemkonkurrenz verstanden hat, nämlich auch als Teil des, wie es damals manchmal hieß, demokratischen Bollwerks", kündigte Lentz einen neuen Blick auf das Goethe-Institut an.

Nach Meinung von Carola Lentz können Europäer sehr viel von Afrikanern lernen, gerade im Hinblick auf jene Veränderungen des alltäglichen Lebens, die die Corona-Pandemie erzwingt. "Wir sind gezwungen, flexibler zu sein und kurzfristiger zu reagieren. Afrika ist in dieser Hinsicht unsere Zukunft, weil das dort längst selbstverständlich ist. Die Leute dort sind oft nicht so abhängig von Routinen und fest gefügten Ordnungen, ohne das glorifizieren zu wollen. Es geht darum, den optimistischen Blick zu behalten und menschliche Beziehungen zu pflegen. Das können wir von Afrikanern lernen", sagte die Präsidentin des Goethe-Instituts.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)


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