Wolfgang Ischinger: Russland hat mit Verlegung erheblicher zusätzlicher Kräfte für Zuspitzung der Situation gesorgt
Archivmeldung vom 13.04.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićWolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, ist besorgt wegen der Lage im Ukraine-Konflikt. Zugleich betont er, dass die Pandemie erfolgreiche Krisendiplomatie verhindere, weil persönliche Begegnungen kaum möglich seien. Ischinger (75) sagte der "Heilbronner Stimme": "Russland hat mit der Verlegung erheblicher zusätzlicher Kräfte für eine Zuspitzung der Situation gesorgt. Es ist dramatisch, dass wir hier sieben Jahre nach der Annexion der Krim immer noch keinen Schritt weiter sind, was eine politische Lösung des Konflikts angeht."
Zur Frage, wie ein Gesprächsfaden zum Kreml und Wladimir Putin geknüpft werden könnte, sagte Ischinger: "Den Gesprächsfaden gibt es ja. Erst vergangene Woche hat die Bundeskanzlerin mit Putin telefoniert. Es ist also nicht so, dass es am Dialog fehlt. Aber Telefonate ersetzen nicht das persönliche Vieraugen-Gespräch. Die Pandemie hat für erfolgreiche Krisendiplomatie da ein riesiges Handicap geschaffen."
Derzeit existierten aber neben den "wieder beunruhigend gewachsenen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine noch viele weitere politische Differenzen, die sich auch nicht durch das eine oder andere Telefongespräch beilegen lassen. Die Verantwortung dafür liegt ganz überwiegend in Moskau. Es ist also an Russland, durch sein Verhalten dazu beizutragen, die Lage zu verbessern".
Angesprochen auf die Krisen-Spirale - den Fall Nawalny, Krim- und Ukraine-Konflikt sowie den Streit um Nordstream 2 - sagte Ischinger: "Man darf sich keine Illusionen machen. Es gibt in der Diplomatie keine Patentrezepte. Gut zureden hilft nicht viel. Wir brauchen hier strategische Geduld." Der Schlüssel zur Lösung der Probleme "liegt in Moskau selbst", betonte Ischinger.
Wolfgang Ischinger nimmt an den "Königsbronner Gesprächen" teil (14.-17. 4.) zur Außen- und Sicherheitspolitik teil. Der Kongress steht diesmal unter dem Motto "Die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft - Chancen und Herausforderungen unter Präsident Biden." Die Gespräche werden gemeinsam veranstaltet mit dem Bildungswerk des Deutschen Bundeswehrverbandes und der Konrad-Adenauer-Stiftung Baden-Württemberg. Organisator ist der CDU-Politiker Roderich Kieswetter, Obmann der Union im Auswärtigen Ausschuss.
Quelle: Heilbronner Stimme (ots)