Lage in Pakistan immer verzweifelter: Fast drei Millionen auf der Flucht
Archivmeldung vom 27.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Situation der Flüchtlinge im Nordwesten Pakistans spitzt sich dramatisch zu. Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Vision schätzen, dass insgesamt 2,5 bis 3 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Es ist die größte Flüchtlingskatastrophe Pakistans.
Das Hilfswerk hat heute die höchste Stufe für Nothilfeeinsätze ausgerufen. Die Familien, die vor den Kämpfen zwischen pakistanischer Armee und Taliban aus dem Swat-Tal geflüchtet sind, brauchen dringend Lebensmittel, Trinkwasser, Kleidung, Hygieneartikel und medizinische Versorgung.
Eine Besonderheit dieses Flüchtlingsdramas ist der kulturelle Hintergrund: Die Familien, die geflüchtet sind, stammen aus einer Kultur, die eine strikte Geschlechter-Trennung vorsieht. Die Privatsphäre ist enorm wichtig. "In einem Flüchtlingscamp zu leben ist, als wenn ein Fremder in Deiner Unterwäsche wühlt", beschreibt World Vision-Mitarbeiter Syed Haider Ali. Deshalb suchten auch nur etwa 20 Prozent der Flüchtlinge in den 26 vorhandenen Zeltlagern Schutz. Der weitaus größte Teil habe sich zu Gastfamilien, Freunden, in Schulen und in öffentliche Gebäude geflüchtet.
Vor diesem Hintergrund setzt World Vision´s Nothilfe in den Gemeinden und Privathaushalten an. Von einem Warenlager in Totaalay im Distrikt Buner haben die Helfer bereits mehr als 2000 Flüchtlinge mit Seife, Zahnpasta, Plastikeimern, Kerzen, Moskitonetzen und weiteren Hilfsgütern versorgt. Allerdings scheint die Not überwältigend, angesichts des enormen Flüchtlingsstroms.
Die Aufnahme-Kapazitäten der Dörfer und Gemeinden sind begrenzt. Innerhalb einer Woche ist die Einwohnerzahl verschiedener Gemeinden um eine Drittel gestiegen. "Stellen Sie sich vor, da stehen auf einmal 30 verzweifelte Menschen vor Ihrer Tür und vor jedem anderen Haus in der Nachbarschaft auch jeweils 30", sagt World Vision´s Landesdirektor Graham Strong. World Vision Pakistan sei eine der wenigen Hilfsorganisationen in diesem Gebiet und deshalb besorgt, dass Hundertausende Männer, Frauen und Kinder ohne Unterkunft und Versorgung blieben.
Seit Anfang Mai sind rund 2,4 Millionen Vertriebene registriert worden. Etwa die Hälfte von ihnen sind Kinder. "Die Mädchen und Jungen sind am schlimmsten betroffen", sagt Graham Strong. Ihnen stehe die Angst ins Gesicht geschrieben, sie seien schwach und krank, weil sie nicht genug zu essen haben. "Viele weinen, weil sie nach Hause möchten und zur Schule gehen möchten. Andere leiden unter der heißen Temperatur, die über 40 Grad liegt, sie haben Fieber, Hautausschlag und Augenentzündungen." World Vision plant, mehrere Kinderbetreuungszentren einzurichten.
Quelle: World Vision Deutschland