Ischinger beklagt fehlenden transatlantischen Fokus im Wahlkampf
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Bild: SIPER / Eigenes Werk
Der Präsident des Stiftungsrats und ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, beklagt, dass das Thema der transatlantischen Spannungen und der daraus resultierenden Sicherheitsfragen im deutschen Wahlkampf zu wenig thematisiert werden.
"Was wir hier erleben, ist ja möglicherweise tatsächlich ein
historischer Epochenbruch", sagte er dem Sender Phoenix. "Das Ende der
Glaubwürdigkeit der transatlantischen Allianz könnte das sein, ich sage
es extra im Konjunktiv. Noch sind die Würfel nicht endgültig gefallen."
Aber
dass das alles im laufenden deutschen Wahlkampf höchstens marginal,
wenn überhaupt, angesprochen werde, das verblüffe und entsetze ihn erst
recht. Seiner Meinung nach müsse das Thema für Deutsche, wie auch für
Europäer "jetzt ganz im Zentrum stehen", denn, so Ischinger weiter,
"wenn hier sozusagen ein sicherheitspolitisches Trümmerfeld entstehen
sollte, dann gute Nacht".
Mit Blick auf die Rolle Europas sagte
Ischinger, es zeige sich, dass man "als 27 EU-Mitglieder" gerade in der
Außen- und Sicherheitspolitik nicht handlungsfähig sei. Europa
präsentiere sich momentan in Sachen Ukraine wie ein "Hühnerhaufen". Er
plädiere dafür, die Idee eines Kern-Europas wiederzubeleben. "Ich
glaube, Deutschland, Frankreich, Polen und andere Gleichgesinnte sollten
sich zu einer wahrhaftigen Sicherheits- und Verteidigungsunion
zusammenschließen, mit Mehrheitsentscheidungen, mit einem gemeinsamen
Rüstungsmarkt, um tatsächlich der Welt zu zeigen, dass wir den
existenziellen Überlebenswillen haben", sagte der frühere Diplomat.
Auf
die Frage nach einer gemeinsamen europäischen Armee sprach Ischinger
von einer "Zukunftsvision". "Die gemeinsame Armee, das ist noch ein ganz
langer weiter Weg, aber Waffen und Material gemeinsam einkaufen,
Soldaten gemeinsam ausbilden, Geräte und Flugzeuge gemeinsam warten, das
ist alles möglich, und zwar auch in relativ kurzer Zeit", so Ischinger.
Wichtig
sei vor allem die Bildung eines gemeinsamen Rüstungs- und
Verteidigungsmarktes. Derzeit kaufe jeder "in kleinsten Stückzahlen
irgendwo seine Flugzeuge und seine Geräte ein, das ist Geld zum Fenster
hinausgeschmissen. Da kann Europa gemeinsam handeln und viel Geld
einsparen und da kann man Eindruck machen, beim Rest der Welt." Die USA
könnten nicht von Europa fordern, fünf Prozent für Rüstung auszugeben,
gleichzeitig nicht mehr zur Verfügung zu stehen wie bisher und
gleichzeitig zu fordern: "Ihr müsst alles bei uns einkaufen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur