Marokkanischer Schriftsteller Ben Jelloun plädiert für Aufnahme der Maghreb-Staaten in die Europäische Union
Archivmeldung vom 13.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach dem Beginn der EU-Aufnahmeverhandlungen mit der Türkei schlägt der bekannteste marokkanische Schriftsteller, Tahar Ben Jelloun, langfristig auch den Beitritt der Maghreb-Staaten in die Europäische Union vor. Historisch betrachtet hätten Tunesien, Marokko und Algerien schon immer am Wohl und Wehe Europas teilgehabt, schreibt Ben Jelloun in der ZEIT. Vor allem mit Frankreich, Spanien und Italien seien diese Länder durch eine lange Geschichte verbunden.
"Heute drückt sich diese Bindung in Politiken der kulturellen und
wirtschaftlichen Zusammenarbeit aus. In Marokko spricht man
Französisch und Spanisch, man liest die europäische Presse, schaut
europäisches Fernsehen, träumt von Europa, kämpft um Schengen-Visa,
kultiviert die Zugehörigkeit zum Mittelmeerraum und vor allem: Man
zählt auf die Festigung der Modernität, um der islamistischen Welle
zu entgehen. In Algerien wie in Tunesien ist Zweisprachigkeit die
Regel", schreibt Ben Jelloun.
Falls es zu einer Aufnahme der Türkei in die EU komme, sehe sich
der Maghreb notwendigerweise als nächste Etappe. "Die arabischen
Länder haben es nicht geschafft, sich zu zusammenzutun und eine
starke Einheit zu bilden. Europa kann dieses Scheitern nutzen, um
diejenigen arabischen Länder zu integrieren, mit denen es eine
gemeinsame Vergangenheit verbindet. Ein Maghrebiner empfindet mehr
Gemeinsamkeiten mit einem Franzosen oder Italiener als mit einem
Bewohner der Golfstaaten." Auf diese Weise, so Tahar Ben Jelloun
weiter, könne auch dem islamischen Extremismus das Wasser abgegraben
werden.
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT