Politiker von FDP und Grünen attackieren Ungarn
Archivmeldung vom 30.12.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNachdem das ungarische Parlament mit den Stimmen der rechts-konservativen Regierungsmehrheit international umstrittene Gesetze zur Einschränkung der Unabhängigkeit der Ungarischen Nationalbank (MNB) angenommen hat, fordern Politiker von FDP und Grünen Konsequenzen. "Die Warnungen der EU-Kommission wurden in den Wind geschlagen. Auch deshalb ist Ungarn nun fällig für ein EU-Vertragsverletzungsverfahren", sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, Sven Giegold, "Handelsblatt-Online".
Das vierte Protokoll zum EU-Vertrag schreibe vor, dass alle nationalen Zentralbanken in ihrem Handeln im Europäischen Zentralbankensystem unabhängig sein müssen, so Giegold. Das neue ungarische Zentralbankgesetz eröffne aber die Möglichkeit, das ändern zu können.
Der Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler, wertet den ungarischen Parlamentsbeschluss als Hinweis darauf, dass die Überschuldungskrise von Staaten und Banken auch 2012 weiter gehen werde. "Die planwirtschaftliche Lösung wird die Monetarisierung der Staatsschulden über die Notenpresse sein", sagte Schäffler. Dazu sei der Zugriff der Regierungen auf die Notenbankpolitik notwendig. "Das süße Gift des Gelddruckens wird aber auch in Ungarn den notwendigen Reformdruck nehmen und die Währung zerstören", warnte Schäffler und forderte: "Das darf die EU finanziell nicht unterstützen."
Ein neuer Verfassungszusatz ermöglicht nun, die ungarische Notenbank jederzeit mit der Finanzmarktaufsicht (PSZAF) zu fusionieren und die dadurch entstehende neue Einrichtung unter die Leitung eines von Ministerpräsident Viktor Orban ernannten Präsidenten zu stellen. Eine am selben Tag gebilligte Novelle des Notenbank-Gesetzes sieht die Ernennung eines dritten Vizegouverneurs und zweier zusätzlicher Notenbankrats-Mitglieder vor. Die Gesetzesänderungen waren schon im Vorfeld von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dem Internationalen Währungsfonds kritisiert worden.
Beobachter sehen in dem Verfassungszusatz und der Gesetzesnovelle das Bestreben Orbans, den gegenwärtigen Nationalbank-Gouverneur Andras Simor zu entmachten und die Nationalbank und ihre Zinspolitik der Kontrolle der Regierung zu unterwerfen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur