"Europa am Scheideweg zur Transferunion"
Archivmeldung vom 23.03.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.03.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Fabian PittichWas die europäischen Regierungschefs bislang als Maßnahmenpaket zur Schuldenbekämpfung und Euro-Rettung vorgelegt haben, hat eine entscheidende Schwäche: Die fehlende Konkretion für die Nehmerländer! Der Markt wird dieses Defizit konsequent bestrafen. Ohne die Verankerung von Schuldenbremsen in die nationalen Verfassungen oder eine equivalente Verpflichtung bleiben auch richtige Instrumente reine Kosmetik. Nur wenn die Anschärfung des Stabilitätspaktes, der dauerhafte Krisenmechanismus ESM und der von Deutschland angeregte "Pakt für den Euro" mit klaren Regeln und Sanktionen versehen werden, kann der Euro dauerhaft gesichert werden.
Zu häufig hat die Bundesregierung ihre selbst definierten Grenzen bei der Euro-Rettung bereits überschritten. Von den einstigen Versprechen der Bundeskanzlerin Griechenlandhilfen abzulehnen, automatische Strafen einzuführen, private Gläubiger zu beteiligen, den Rettungsschirm zu begrenzen oder das Aufkaufen von Staatsanleihen zu verbieten, ist kaum etwas übrig geblieben. Es ist keine Frage, dass wir eine europäische Lösung brauchen und Deutschland zu seiner Verantwortung stehen muss. Das heißt aber nicht, dass wir dauerhaft falsche Strukturen mitfinanzieren. Insbesondere dürfen Verpflichtungen keine Einbahnstraße sein. Anstatt nur die Beiträge für die reichen Länder festzulegen, müssen gerade auch für die Schuldenländer rechtlich verbindliche Verpflichtungen vereinbart werden. Versprechungen alleine genügen nicht.
Der deutsche Steuerzahler bürgt durch den Rettungsschirm mit gigantischen Milliardensummen für andere Mitgliedstaaten. Einige Nehmerländer leisten sich weit großzügigere Sozialleistungen als die Bundesbürger erhalten, die dafür nun zahlen sollen. Dieses Haftungsrisiko macht es zur Selbstverständlichkeit, von den Staaten Reformen zu verlangen, die wir dem Bürger hierzulande ebenfalls zumuten. Die jüngsten Forderungen aus Irland zeigen, dass Regierungen von Schuldenstaaten jeden politischen Ermessensspielraum nutzen, um die Bedingungen für Hilfskredite aufzuweichen. Umso wichtiger ist es, diese Basarmentalität zu beenden und sicherzustellen, dass die Vergabe von Hilfskrediten an die Durchführung von schmerzhaften Strukturreformen gekoppelt wird. Der Wirtschaftsrat fordert folgende Kernpunkte beim neuen Ordnungsrahmen durchzusetzen:
- Der ESM muss eindeutig definierte Insolvenzkriterien festlegen und Klarheit über Umschuldungsverfahren und die Beteiligung privater Gläubiger schaffen.
- Der "Pakt für den Euro" benötigt verbindliche Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren und klare Auslösemechanismen für frühzeitige und automatische Sanktionen.
- Die Erlaubnis für den ESM, Staatsschulden aufkaufen zu können, ist auf absolute Ausnahmesituationen zu begrenzen. Anleihenkäufe dürfen nur nach einstimmigem Ratsbeschluss erfolgen. Bedingung muss sein, dass die Länder sich bereits unter dem Rettungsschirm befinden. Der Ankauf von Staatsschulden zum Nominalwert statt zum Marktwert ist abzulehnen.
Es ist traditionell wichtig, dass Deutschland in Europa auch finanziell in Vorlage geht, aber die Grenzen zu einer letztlich unkontrollierbaren Transferunion müssen hart gezogen werden.
Quelle: Der Wirtschaftsrat der CDU