Soll der venezolanische Präsident Hugo Chávez sterben?
Archivmeldung vom 17.03.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.03.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAm Dienstag berichtete Venezuelanalysis, daß ein "früherer CIA-Agent" in einer Fernsehsendung gesagt hat, es bestünde die Möglichkeit, daß der venezolanische Präsident Hugo Chávez von den USA ermordet werden würde.
Dem "ehemaligen CIA-Agenten" Félix Rodríguez zufolge hat die
US-Regierung Pläne, um "einen Wechsel in Venezuela herbeizuführen." Auf
Nachfrage sagte er in der spanischsprachigen Sendung des in Miami im
US-Bundesstaat Florida ansässigen Senders Channel 22, daß dies "mit
einem Militärschlag, mit einem Flugzeug" geschehen könnte.
In der Talkshow von Maria Elvira Salazar sagte er am Donnerstag letzter
Woche weiter: "Mir vorliegenden Informationen über Vorgänge in
Venezuela zufolge ist es möglich, daß sie [die US-Regierung] sich zu
einem gewissen Zeitpunkt gezwungen fühlen, aus Gründen der nationalen
Sicherheit und aufgrund von Problemen, die sie in Kolumbien haben, eine
Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, die einen Wechsel in Venezuela
herbeiführen."
Auf Nachfrage, um welche Maßnahmen es sich dabei handeln würde, wurde
Rodríguez deutlicher und sagte: "Dies könnten wirtschaftliche Maßnahmen
und ab einem gewissen Punkt militärische Maßnahmen sein." Dann fügte er
noch hinzu: "Wenn sie es ab einem gewissen Zeitpunkt tun, dann werden
sie es offen tun." Als Beispiel hierfür nannte er die Bombardierung des
Wohnhauses des libyschen Präsidenten Muammar al-Khadafi auf Befehl der
Reagan-Regierung.
Rodríguez hat in dem Gespräch also die von Chávez seit Wochen ausgesprochenen Befürchtungen,
er solle getötet werden, weitestgehend bestätigt. Ein härteres Vorgehen
gegen Chávez war auch von Rogelio "Roger" Pardo-Maurer, dem
"Ministerialrat für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre" im
US-Verteidigungsministerium, gegenüber der Financial Times bestätigt worden.
Bei genauerer Betrachtung ist Rodríguez' Offenheit allerdings äußerst bemerkenswert.
Während seine Aussagen auf den ersten Blick den Eindruck vermitteln,
daß er hier Pläne der Regierung offenlegen und so möglicherweise
durchkreuzen will, scheint dies angesichts seiner Biographie und
weiterer Fakten äußerst unwahrscheinlich.
So war er spätestens seit 1961 zahllosen Berichten
zufolge an praktisch jeder größeren CIA-Operation im süd- und
mittelamerikanischen Raum beteiligt. Hier seien nur die fehlgeschlagene
Invasion in der Schweinebucht auf Kuba, die Gefangennahme und Ermordung
von Ché Guevara und der CIA-geführte Drogenhandel, der schließlich als
"Iran-Contra-Affäre" bekannt wurde, genannt. Schon bei seiner Tätigkeit
in El Salvador - offiziell im Auftrag der Luftwaffe des Landes,
allerdings prahlte er selbst gern damit, persönlich vom Weißen Haus für
die Aufgabe ausgewählt worden zu sein - war er offiziell "pensioniert",
eine von der CIA häufig angewandte Finte, um die Spuren von Agenten zu
verwischen.
Im vergangenen Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl in den USA hatte der
ursprünglich aus Kuba stammende Rodríguez offen für George W. Bush
Partei ergriffen und den Gegenkandidaten John Kerry als öffentlich als
"Lügner" bezeichnet.
Er ist auch weiterhin ein erklärter Gegner der kubanischen Regierung
Fidel Castros und Präsident der "Bay of Pigs Veterans Association"
("Vereinigung der Schweinebucht-Veteranen"). Seine politischen
Ansichten hinsichtlich Kubas teilt er wiederum mit seiner
Talkshow-Gastgeberin María Elvira Salazar.
Schon eine Photographie aus dem Jahr 1963 zeigt ihn zusammen mit dem derzeitigen CIA-Direktor Porter Goss.
Es scheint praktisch unmöglich, daß eine Person mit einer solchen
Biographie noch dazu in einem solchen Umfeld eine derartige
"gutgemeinte Enthüllung" machen würde, insbesondere, da Venezuela und
Kuba sehr freundschaftliche Beziehungen pflegen.
Tatsächlich gibt es sogar eine direkte Verbindung zu Pardo-Maurer. Dieser war in den 80ern direkt dem Leiter der Contras unterstellt, so daß Rodríguez ihn zweifellos aus dieser Zeit kennt.
Nur wenige Monate vor dem nach kurzer Zeit niedergeschlagenen
Militärputsch im Venezuela im April 2002 hatte Pardo-Maurer in
Washington mit dem Stabschef der Armee Venezuelas, General Lucas Romero
Rincón, der den Putschversuch unterstützte, gesprochen.
Es ist also anzunehmen, daß Rodríguez' Aussage in Wahrheit die Worte
der CIA waren. Hier stellt sich allerdings wiederum die Frage nach dem
Hintergrund. Letztlich kann nicht ausgeschlossen werden, daß damit
absichtlich Pläne des Weißen Hauses verraten werden sollten - in
letzter Zeit ist es vermehrt zu Spannungen zwischen CIA und Washington
gekommen. Andererseits könnte es sich aber auch um eine offene Warnung
an Chávez handeln, sich dem Willen der USA zu beugen und deren Politik
nicht weiter in die Quere zu kommen.
Eine weitere Möglichkeit ist sicherlich, daß all dies nur zur
Unterbringung der Aussage diente, ein Angriff der USA würde "offen
geführt" werden und dies von verdeckten Aktionen ablenken soll.
Was auch immer der wahre Hintergrund für Rodríguez' Auftritt war, so
zeigt er doch zumindest eine wachsende Ungeduld seitens der USA, was
wiederum letzten Endes die Realisierung der Drohungen wahrscheinlicher
werden läßt.
Quelle: www.freace.de