"Report München": Kippt Pfahls sein Urteil?
Archivmeldung vom 07.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHolger Pfahls will nach Recherchen des ARD-Magazins "Report München" gegen seine Verurteilung in Augsburg wegen Steuerhinterziehung und Vorteilsnahme vorgehen. Er kann sich dabei auf eine Intervention der Schweiz stützen, die jetzt der Augsburger Justiz die Verwendung entscheidender Bankunterlagen als Beweismittel verboten hat.
Damit platzt die Indizienkette in den Schmiergeldverfahren um das Fuchspanzergeschäft zwischen dem Thyssen-Konzern und Saudi-Arabien. Die spektakuläre Aktion der
Schweiz bezieht sich zwar zunächst nur auf die Urteile gegen zwei
Thyssen-Manager. Aber der Augsburger Staatsanwaltschaft droht bald
auch in den übrigen Verfahren ein Schiffbruch. Folco Galli, Sprecher
des Schweizer Bundesamtes für Justiz sagte gegenüber dem Bayerischen
Rundfunk: "Falls weitere Anzeigen eingehen sollten, würden wir
selbstverständlich den Sachverhalt abklären und falls nötig erneut
intervenieren."
Auf die Frage von "Report München", welche Schritte Pfahls gegen
sein Urteil unternehmen werde, antwortete sein Anwalt Volker Hofmann:
"Wir prüfen bereits die rechtlichen Möglichkeiten". In Frage kommt
nach Auskunft von Juristen entweder ein Widerruf des Geständnisses
oder ein Antrag auf Wiederaufnahme des Prozesses wegen eines
Verfahrenshindernisses. Der Ex-Staatssekretär und CSU-Politiker war
fünf Jahre auf der Flucht. Pfahls hat gestanden, dass der
Rüstungslobbyist Karlheinz Schreiber 3,8 Millionen Mark Schmiergeld
auf einem Schweizer Treuhandkonto für ihn deponiert hatte. Das
Geständnis war jedoch das Ergebnis eines umstrittenen Deals mit der
Augsburger Justiz, die Pfahls unter Druck gesetzt und ihm eine milde
Strafe von zwei Jahren und zwei Monaten Gefängnis gewährt hatte. Nach
Prozessende kam der Verurteilte auf freien Fuß. Pfahls ist aufgrund
seines Geständnisses jedoch mit einer Steuernachzahlung von rund
einer Million Euro konfrontiert. Entgegen seinen Erwartungen hat das
Finanzamt den entsprechenden rechtskräftigen Steuerbescheid bisher
nicht zurückgenommen. Über seine Klage dagegen hat das Finanzgericht
in München noch nicht entschieden.
Kippt das Urteil gegen Pfahls, dann profitiert davon auch sein
Freund Dieter Holzer, der ihm bei der Finanzierung und Organisation
seiner fünfjährigen Flucht geholfen hatte. Das gegen Holzer wegen
Fluchthilfe in Augsburg anhängige Strafverfahren wäre damit erledigt.
Max Strauß, der vom kommenden Montag an in einem neuen Prozess
wegen Steuerhinterziehung in Augsburg vor Gericht steht, hat nach
Informationen von "Report München" bereits die Konsequenzen aus der
Schweizer Intervention gezogen: Sein Anwalt hat gestern ein
"Auskunftsersuchen" an das Schweizer Bundesamt für Justiz
abgeschickt. Es ist zu erwarten, dass auch in seinem Fall die
Schweizer Justiz ein Veto ausspricht. Folco Galli gegenüber dem
Bayerischen Rundfunk: "Es ist keine einvernehmliche Lösung mit der
deutschen Justiz möglich. Die Standpunkte sind diametral
unterschiedlich." Das widerspricht der Äußerung des Augsburger
Oberstaatsanwalts Reinhard Nemetz, der in einem Interview mit dem
Bayerischen Fernsehen erklärt hatte, dass die Schweiz in Deutschland
ihren Standpunkt nicht durchsetzen könne und er davon ausgehe, dass
sich die Sache in einem Gespräch mit den Schweizer Behörden zu seiner
Zufriedenheit regeln lasse. Die Schweiz habe zwar keine direkten
Sanktionsmöglichkeiten, sagte Galli weiter. Er stellte aber klar:
"Mit besonders renitenten Ländern könnte man auch die Zusammenarbeit
im Bereich der Rechtshilfe einstellen."
Vom Schweizer Veto betroffen sind Kontoauszüge des ehemaligen Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber. Der soll Pfahls, Max Strauß und die Thyssen-Manager Winfried Haastert und Jürgen Maßmann im Zusammenhang mit Provisionszahlungen aus dem Fuchs-Panzer-Deal und Airbus-Geschäften geschmiert haben. Die Schweiz hatte das Verbot ausgesprochen, weil sie sich von der Augsburger Justiz durch Vorenthaltung von wesentlichen Informationen getäuscht fühlte, so dass sie auf dem Weg der Rechtshilfe zu Unrecht Schreibers Unterlagen herausgegeben habe.
Quelle: Pressemitteilung ARD-Magazins "Report München"