Türkischer Geheimdienst spioniert in Deutschland im großen Umfang - BND stolz auf enge Kooperation mit Türkei
Archivmeldung vom 28.03.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer türkische Geheimdienst spioniert offenbar in großem Umfang Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung in Deutschland aus. Laut eines Berichts von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR übergab der Chef des türkischen Geheimdienstes MIT am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz eine Liste mit den Namen von Hunderten in Deutschland lebenden angeblichen Gülen-Anhängern an den Präsidenten des BND. Gleichzeitig berichtete der BND gestern, daß dieser eng mit den türkischen Geheimdiensten kooperieren möchte.
Auf der Liste finden sich den drei Medien zufolge auch Meldeadressen, Handy- und Festnetznummern sowie in vielen Fällen Fotos der Betroffenen. Nach Ansicht der Türkei steckt die Gülen-Bewegung hinter dem gescheiterten Militärputsch, ihre Anhänger werden als Terroristen verfolgt. BND-Präsident Bruno Kahl habe die im Februar übergebene Liste an Bundesregierung und Verfassungsschutz übermittelt, auch das Bundeskriminalamt und der Generalbundesanwalt seien informiert worden, schreiben SZ, NDR und WDR weiter.
Inzwischen seien Polizeibehörden und der Verfassungsschutz in den Bundesländern eingeschaltet worden. Eine Auswertung habe ergeben, dass etliche der Fotos auf der Liste offenbar heimlich aufgenommen wurden, etwa durch Überwachungskameras. Insgesamt befinden sich dem Bericht zufolge mehr als 300 Personen und mehr als 200 angeblich der Gülen-Bewegung zuzurechnende Vereine, Schulen und andere Einrichtungen in dem Dossier des türkischen Dienstes.
Aus Sorge um die Sicherheit der Betroffenen seien erste Bundesländer dazu übergegangen, diese vor den Nachstellungen des MIT zu warnen, schreiben die drei Medien weiter. "Es ist völlig unerträglich, dass die Menschen hier ausgeforscht werden, teilweise bis in den privatesten Bereich", erklärte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). In Niedersachsen habe die Spionageabwehr des Verfassungsschutzes die Aufgabe übernommen, in Nordrhein-Westfalen koordiniere das Landeskriminalamt eine sogenannte "Gefährdeten-Ansprache", schreiben SZ, NDR und WDR.
Ein Sprecher des LKA sagte den drei Medien, man warne die Betroffenen, "damit sie wi! ssen, we nn sie in die Türkei reisen, wenn sie türkisches Hoheitsgebiet betreten, dass möglicherweise Repressalien auf sie warten". Die Polizei in Nordrhein-Westfalen warnt auch vor dem Betreten von türkischen diplomatischen Einrichtungen in Deutschland.
Man müsse sehr "sorgfältig überlegen, ob man solche Einrichtungen betreten kann als Mensch, der auf solch einer Liste steht." In den deutschen Sicherheitsbehörden habe inzwischen eine Debatte über die Konsequenzen des türkischen Vorgehens begonnen, berichten die drei Medien weiter. Experten der Spionageabwehr haben demnach damit begonnen, die Liste auszuwerten um herauszufinden, wie der türkische Geheimdienst MIT an die Informationen gekommen ist.
Bereits seit einiger Zeit ermittelt der Generalbundesanwalt wegen des Verdachts der Spionage beim bundesweiten Dachverband der türkischen Moschee-Gemeinden, Ditib. Imame sollen Informationen über Gülen-Anhänger nach Ankara übermittelt haben. Die Bundesregierung sieht keine Belege dafür, dass die Gülen-Organisation in den Militärputsch verwickelt war. "Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen", sagte BND-Chef Kahl unlängst dem "Spiegel". "Das ist ihr aber bisher nicht gelungen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur