Bangladeschs Regierungschef erhebt neue Vorwürfe gegen Vorgängerin
Der Chef von Bangladeschs Übergangsregierung, Muhammad Yunus, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Regierung seiner Vorgängerin Sheikh Hasina. "Wir haben etwa 800 Folterzellen gefunden", es handele sich um "furchtbare Orte", sagte der Friedensnobelpreisträger dem "Spiegel". "Kritiker, Aktivisten, Menschenrechtsanwälte wurden ohne Sonnenlicht wie in Höhlen gehalten und auf elektrischen Stühlen gefoltert."
Im vergangenen Sommer haben Demonstranten in Bangladesch die autoritär
regierende Premierministerin Hasina gestürzt. Studenten führten die
Proteste an, viele von ihnen kaum älter als 20 Jahre. In einer Zeit, in
der die Demokratie in vielen Ländern schwindet, gilt das
174-Millionen-Einwohner-Land als Lichtblick. Im August wurde Yunus vom
Präsidenten zum Chef der Übergangsregierung ernannt.
Der
84-Jährige ist bekannt als Begründer des Mikrokredits. Seine "Grameen
Bank" vergibt kleine Darlehen an Menschen, die zuvor keinen Zugang zu
Banken hatten. Die Idee hat Millionen Menschen in Armut geholfen. 2006
erhielt "der Banker der Armen" den Friedensnobelpreis.
Gefragt,
welche Auswirkungen die Zerschlagung der US-Entwicklungsbehörde USAID
auf Bangladesch habe, sagte Yunus: "Momentan kommen wir noch zurecht, da
wir nicht stark von USAID-Geldern abhängig sind." Könnte er mit Donald
Trump sprechen, würde er dem US-Präsidenten sagen: "Stellen Sie die
Entwicklungshilfe nicht ein. Aber spenden Sie das Geld nicht an
Wohltätigkeitsorganisationen. Investieren Sie lieber in Social
Businesses."
Das ist Yunus' Konzept des sozialen Unternehmertums,
das nicht auf Profit abzielt, sondern mit wirtschaftlichen Prinzipien
gesellschaftliche Probleme lösen will. Dem Nachrichtenmagazin sagte
Yunus: "Trump ist Geschäftsmann, wir sind Geschäftsleute. Ich bin
sicher, die Idee würde ihm einleuchten."
In Richtung Europa
schickte der 84-Jährige hingegen einen Appell an deutsche Unternehmen:
"Investieren Sie in Bangladesch - gerade jetzt. Unterstützen Sie das
Land auf seinem Weg zu einer Demokratie." Dabei solle Deutschland auch
an sich denken: "Deutschland ist überaltert und benötigt Arbeitskräfte."
Mit
seiner neuen Rolle hadert Yunus offenbar. "Politik ist nicht mein Ding.
Ich kann so nicht arbeiten", sagte er. Auf die Frage, ob er sich auf
das Ende seiner Zeit als Chef der Übergangsregierung in ein paar Monaten
freue, antwortete er: "Oh ja, und wie."
Quelle: dts Nachrichtenagentur