foodwatch: Bundesfinanzminister Schäuble verschweigt "Schlupflöcher" für Agrar-Spekulanten
Archivmeldung vom 13.06.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bundesfinanzministerium verschweigt folgenschwere "Schlupflöcher" für Agrar-Spekulanten in dem aktuellen EU-Gesetzentwurf zur Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation. In einer Stellungnahme des Ministeriums heißt es zwar, eine "strikte Regulierung" würde negative Effekte auf die Nahrungsmittelpreise verhindern, und die Bundesregierung setze sich "auf europäischer Ebene für ein Regelungssystem ein, das exzessiven Handelsaktivitäten entgegenwirkt". Doch der vorliegende Gesetzestext zur Regulierung der Finanzmärkte (MiFID-Richtlinie), über den die europäischen Finanzminister derzeit beraten, belegt das Gegenteil.
Er enthält zahlreiche Ausnahmeregelungen, wie eine Analyse der Entwicklungsorganisation Oxfam und der Verbraucherorganisation foodwatch gezeigt hat. Die schädlichen Wetten auf die Preise von Agrar-Rohstoffen werden damit nicht eingedämmt.
"Finanzminister Wolfgang Schäuble weiß: Von einer 'strikten Regulierung' der schmutzigen Geschäfte mit Agrar-Rohstoffen kann keine Rede sein. Er stellt sich zwar gerne als strenger Regulierer der Finanzmärkte dar, tatsächlich geht er vor den Lobbyisten der Finanzindustrie in die Knie. Diese haben es geschafft, so viele Ausnahmeregeln in den Gesetzentwurf einzubauen, dass die Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Ärmsten einfach weiter gehen werden", kritisierte foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.
Konkret geht es bei den Beratungen der EU-Finanzminister zur Regulierung der Rohstoffterminbörsen vor allem um die Einführung sogenannter "Positionslimits". Damit soll die Zahl der zu rein spekulativen Zwecken abgeschlossenen Terminverträge auf Agrar-Rohstoffe begrenzt werden. In der vergangenen Woche hatten Oxfam und foodwatch kritisiert, dass die Vorschläge in dem EU-Gesetzentwurf durch zahlreiche Ausnahmeregelungen ins Leere laufen. Einen Tag später schrieb das Bundesfinanzministerium in einer Stellungnahme zur Agrar-Spekulation, in der MiFID-Richtlinie seien "verpflichtende Limitierungen für alle Arten von Rohstoffderivaten vorgesehen. Dies begrenzt die Möglichkeiten, durch den Aufbau großer spekulativer Positionen Einfluss auf die Preise zu nehmen." Tatsächlich beinhaltet der Richtlinienentwurf zwar die Einführung von Positionslimits - allerdings auch zahlreiche Ausnahmeregeln, die diese Positionslimits aushebeln. Das haben die Recherchen von foodwatch und Oxfam gezeigt.
"Die fatalen Schlupflöcher für Spekulanten in dem Gesetzestext erwähnt das Schäuble-Ministerium mit keinem Wort", sagte Thilo Bode von foodwatch und forderte ein entschiedenes Vorgehen gegen die Nahrungsmittelspekulation: "Herr Schäuble, reden Sie nicht nur von strikter Regulierung, sondern handeln Sie endlich. Ihr Wort hat im EU-Ministerrat Gewicht! Treten sie dafür ein, dass die Ausnahmeregelungen zurückgenommen und die Schlupflöcher gestopft werden. Bleibt der Gesetzentwurf wie er ist, machen Sie sich mitschuldig, wenn die Ärmsten aufgrund von Lebensmittelspekulationen hungern müssen!"
Über eine E-Mail-Protestaktion von foodwatch an Finanzminister Wolfgang Schäuble fordern bereits mehr als 35.000 Verbraucher eine wirksame Regulierung - ohne Schlupflöcher für Spekulanten.
Quelle: foodwatch e.V. (ots)