CDU-Politiker Wellmann plädiert für unabhängigen Kurdenstaat
Archivmeldung vom 16.08.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann hat sich für einen unabhängigen Kurdenstaat im Nordirak ausgesprochen: "Der irakische Zentralstaat hat sich als instabil erwiesen und ist weiter denn je von einem funktionierenden Staatswesen entfernt. Er war vor allem nicht in der Lage, Sicherheit und Ordnung im Lande zu gewährleisten", sagte Wellmann der "Welt".
Im Gegensatz dazu habe sich das autonome Kurdengebiet als politisch und ökonomisch stabil erwiesen. Schon heute hätten die irakischen Kurden politische Autonomie und umfangreiche Selbstbestimmungsrechte. "Diese Selbstbestimmung sollte vertieft werden. Das Ergebnis kann eine kurdische Eigenstaatlichkeit sein", sagte Wellmann. "Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein stabiles und am Westen orientiertes autonomes kurdisches Staatswesen herausbildet ist jedenfalls größer, als die Überwindung der tiefen religiösen und ethnischen Gräben des restlichen Irak."
Damit setzte sich der CDU-Abgeordnete vor der Reise von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der an diesem Wochenende nach Bagdad und Erbin reist, von der Linie der Bundesregierung ab, die für eine Einheitsregierung im Irak plädiert.
Hintergrund von Wellmanns Äußerungen ist die Ankündigung des Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, Massud Barsani, der mehrfach über ein Referendum über die Unabhängigkeit der Kurden gesprochen hatte. Die außenpolitischen Sprecher von SPD und Grünen, schließen einen selbständigen Kurdenstaat zumindest nicht aus. Zwar solle der Zusammenhalt des Irak "Ziel unserer gegenwärtigen Politik bleiben", sagte Niels Annen (SPD) der "Welt", fügte allerdings hinzu: "Sollte diese Option scheitern, wird auch Deutschland über Konsequenzen nachdenken müssen. Unabhängig davon erscheint mir ein aufgewerteter Dialog mit den unterschiedlichen kurdischen Gruppen im Irak und Syrien sinnvoll zu sein."
Der Grüne Omid Nouripour sagte: "Die Kurden im Irak verantworteten lange die einzige stabile Region im Irak und haben auch die Minderheitenrechte hoch gehalten. Dass sie nicht mehr Teil des Chaos sein wollen, ist verständlich." Dennoch müsse die Tür dafür offen bleiben, "dass sie bei einer Neuordnung des Iraks eine wichtige Rolle spielen können."
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Andreas Schockenhoff (CDU) lehnte einen Kurdenstaat dagegen ab. "Ein kurdische Unabhängigkeit würde die notwendige staatliche Einheit des Irak zerstören und somit nur den Zielen der IS-Terrorgruppe in die Hände spielen. Aus dem deutschen Beitrag im Nordirak die politische Unterstützung eines unabhängigen kurdischen Staates abzuleiten, wäre falsch."
Schockenhoff spielte damit auf die möglichen Waffenlieferungen an die Kurden an, die nicht nur für den Kampf gegen die Terrormiliz IS, sondern auch für Unabhängigkeitsbestrebungen eingesetzt werden könnten. Auch der außenpolitische Sprecher der Linken, Jan van Aken, zeigt sich skeptisch gegenüber der Idee einer kurdischen Unabhängigkeit. "Ich finde den Wunsch der Kurdinnen und Kurden nach einem eigenen Staat völlig verständlich und gerechtfertigt, aber in der aktuellen Situation sehe ich die Gründung eines unabhängigen Nordiraks skeptisch", sagte van Aken der "Welt". "Es würde den Rest-Irak sowie die gesamte Region destabilisieren, es wäre ohne Einwilligung Bagdads völkerrechtswidrig und vor allem gibt es auch von den Kurden selbst viele kritische Stimmen dazu."
Quelle: dts Nachrichtenagentur