"Grexit könnte Griechenland zurück in die 60er Jahre katapultieren"
Archivmeldung vom 02.07.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLangzeitarbeitslosigkeit, geschlossene Banken und der drohende Grexit. Viele Griechen sind in Panik. Zurzeit bitten fünfzigmal so viele Familien die SOS-Kinderdörfer um Hilfe als noch vor der Krise, berichtet der Leiter der SOS-Kinderdörfer in Griechenland, George Protopapas, im Interview.
Seit dem Wochenende hat sich die Situation verschlimmert. Was würde ein Grexit für Griechenland bedeuten?
Der Grexit ist seit dem Wochenende kein fernes Szenario mehr, sondern womöglich nahende Zukunft. Das wird die soziale Not in Griechenland drastisch verschlimmern. Ich befürchte für die Familien das Schlimmste. Noch mehr Menschen werden ihre Arbeit verlieren. Ein Grexit wird meiner Meinung nach die Wirtschaft Griechenlands wieder auf den Stand der 60er Jahre katapultieren. Die staatliche Sozialhilfe wird zusammenbrechen. Es wird Massenarbeitslosigkeit geben. Ich denke, es wird ähnlich sein wie in manchen osteuropäischen Ländern in den Jahren nach dem Zusammenbruch des Kommunismus.
Wie ist die Situation in den Hilfsprogrammen der SOS-Kinderdörfer?
Immer mehr Familien suchen die Hilfe von SOS. Zurzeit bitten fünfzigmal so viele Familien um Hilfe als noch vor der Krise. Wir mussten sieben zusätzliche Sozialzentren aufbauen, um die Not der Menschen abzufangen. Trotzdem gibt es für jedes einzelne unserer neun Zentren Wartelisten von 200 Familien. Weiterhin haben schon tausende verzweifelte Eltern bei uns angefragt, ob sie ihre Kinder in einem der Kinderdörfer vorübergehend in Obhut geben könnten. Viele Eltern haben einfach nicht mehr das Geld, ordentlich für ihre Kinder zu sorgen. Manchmal fehlt sogar das Geld für Essen. Und jetzt mit 60 Euro am Tag wird es für große Familien natürlich noch schwerer.
Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft des Landes?
Ich wünsche mir, dass wir diese große Herausforderung meistern. Dafür müssen wir genau analysieren, was uns in diese Schwierigkeiten gebracht hat. Da müssen wir ansetzen und das Land verändern. Unsere Kinder brauchen eine Zukunft!
Quelle: SOS-Kinderdörfer weltweit/Hermann-Gmeiner-Fonds (ots)