Finanzmanager fordern mehr Unterstützung für Frankfurt
Archivmeldung vom 19.02.2018
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Freigeschaltet durch André OttIm Konkurrenzkampf um die London-Nachfolge als Europas Finanzmetropole fordern deutsche Politiker und Manager deutlich mehr Unterstützung der Bundesregierung für Frankfurt. "Berlin muss jetzt endlich aufwachen", fordert Harald Christ, Präsidiumsmitglied beim SPD-Wirtschaftsforum und selbst Finanzmanager, nach einem Bericht der "Welt am Sonntag".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schaffe mit seinem Werben für Paris als Finanzstandort klare Fakten. "Der Finanzstandort Frankfurt rutscht im Wettbewerb um die Nachfolge Londons ab, weil sich die Bundesregierung nicht kümmert. Das ist ein Riesenproblem." Seit die Briten im Sommer 2016 für den Brexit gestimmt haben, bemühen sich Frankfurt und Paris darum, jene Teile der internationalen Finanzbranche anzuziehen, die aus London abziehen. Monatelang sah es für die Main-Metropole ganz gut aus. Die hessische Landesregierung machte auf eine zwar zurückhaltende, aber dennoch überzeugende Art Werbung für Frankfurt. Eine ganze Reihe von Finanzhäusern entschloss sich zunächst, seine Europa-Aktivitäten lieber nach Frankfurt und nicht nach Paris zu verlagern - zumal für Deutschland auch die wirtschaftsfreundlicheren Gesetze sprachen.
Doch seit ein paar Monaten dreht sich das. Einflussreiche Banker geben dafür der geschäftsführenden Bundesregierung die Schuld. Einerseits hätten weder Angela Merkel, noch der frühere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein Interesse daran gehabt, sich für die Finanzbranche stark zu machen, hieß es in Bankenkreisen. Andererseits führten die seit Monaten andauernden Koalitionsgespräche dazu, dass Merkel und der Rest der geschäftsführenden Bundesregierung handlungsunfähig seien. Bestes Beispiel sei die Entscheidung zur Sitzverlagerung der europäischen Bankenaufsicht EBA von London nach Paris. Weil in Deutschland mit Frankfurt und Bonn gleich zwei Städte sich unkoordiniert durch die Bundesregierung für den Sitz europäischer Behörden beworben haben, gingen beide Institutionen eben nicht nach Deutschland.
"Paris hat sich einen Ast gelacht", sagt ein Politikberater, der häufig in der französischen Hauptstadt ist. Kritik gibt es daher auch vom Bankenverband: "Es wurde in den letzten Jahren eindeutig zu wenig für den Finanzplatz Frankfurt getan", sagte Bankenverbandschef Andreas Krautscheid. "Wir hätten uns auch mehr Engagement bei der Vergabe der EU-Bankenaufsicht EBA gewünscht, die nun leider nach Paris geht", zitiert ihn "Welt am Sonntag". Allerdings werde im neuen Koalitionsvertrag zum ersten Mal seit zehn Jahren auch an den richtigen Stellschrauben für die Finanzplatzförderung gedreht, mildert Krautscheid seine Kritik etwas ab. Branchenbeobachtern reicht das allerdings nicht, angesichts der Engagements von Emmanuel Macron. Der hatte Ende Januar 140 internationale Top-Manager zum Essen nach Versailles eingeladen - darunter auch zahlreiche Spitzenbanker. Dort versprach er den Wirtschaftsvertretern tiefgehende Reformen und ein freundlicheres Klima für die Interessen ihrer Unternehmen als unter den Vorgängerregierungen.
Außerdem wird ihm nachgesagt, im Werben für die Interessen des Finanzstandorts Paris auch persönlich zum Telefon zu greifen und die Vorstandschefs US-amerikanischer Banken anzurufen, wie es in dem Bericht heißt. "Bei meinen entscheidenden Leuten in New York macht das Eindruck", sagt der Vertreter einer US-Bank. Nicht ausgeschlossen sei, dass einige Banken, die sich schon fest für Frankfurt entschieden hatten, noch einmal neu nachdenken. Noch ist damit nicht endgültig, wer das Rennen um die London-Nachfolge gewinnt. Viel hängt vor allem von der Frage ab: Wer bekommt die Abwicklung von Euro-Zahlungen? "Es ist entscheidend für Deutschland, dass die Regierung jetzt dafür kämpft, dass mit dem Euro-Clearing die Abwicklung aller Zahlungsvorgänge in Euro von London nach Frankfurt kommt", sagt SPD-Mann Christ. "Wenn wir das verlieren sollten, sieht der Finanzplatz einfach alt aus."
Quelle: dts Nachrichtenagentur