Polens Premierminister: Veto schützt vor Bevormundung aus Brüssel
Archivmeldung vom 07.12.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.12.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttVor dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag äußert Polens Premierminister Mateusz Morawiecki einen bösen Verdacht.
Die gegen das Veto Ungarns und Polens versuchte Einführung des Rechtsstaatsmechanismus in den Prozess der Vergabe von EU-Haushaltsmitteln könnte "ein Spiel sein, das von einigen Akteuren gespielt wird, damit der Europäische Aufbaufonds nicht aktiviert wird", wie es der Politiker der in Warschau regierenden national-populistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" schreibt.
Die Betreiber dieses Spiels seien "zwar die größten Nutznießer des gemeinsamen Binnenmarktes", aber "haben sie keine Lust, in die gemeinsame Kasse einzuzahlen?", fragt Morawiecki. Der polnische Ministerpräsident erhebt vor der entscheidenden Runde um den künftigen EU-Haushalt und den 750 Milliarden Euro umfassenden EU-Corona-Wiederaufbaufonds weitere schwere Vorwürfe gegen die großen EU-Staaten. Polens und Ungarns Veto verteidigt Warschaus Regierungschef als "Sicherheitsventil, ohne das die EU gar nicht existieren kann".
Es diene der Suche nach einem Kompromiss und "schützt die Schwächeren vor der Bevormundung durch die aktuell Stärkeren". Zugleich sucht Morawiecki nach Verbündeten für seine Haltung, indem er argumentiert, dass jetzt zunächst Polen betroffen sein könnte von EU-Mittelkürzungen wegen vorgeworfener Rechtsstaats-Verletzungen. Aber dann könne jeder andere EU-Staat betroffen sein, "wenn dieser nicht bereit sein wird, sich dem Willen Brüssels zu beugen". Der angestrebte Rechtsstaatsmechanismus sei ein Mittel der Beliebigkeit, über den deutlich weniger demokratische legitimierte Institutionen entschieden als nationale Parlamente.
Quelle: dts Nachrichtenagentur