Nepal: Eine Krise, schlimmer als das Erdbeben
Archivmeldung vom 30.11.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Es besteht die Möglichkeit eines erneuten Bürgerkrieges in Nepal", fürchtet Shankar Pradhananga. Ein Großteil der Fabriken ist seit zwei Monaten geschlossen. Viele Arbeiter erhalten keinen Lohn mehr. Die Preise für Lebensmittel stiegen. Als Folge sind seit dem Ausbruch der politischen Krise Ende September 1.7 Millionen Nepalesen zusätzlich unter die Armutsgrenze gefallen. Im Land kommt es immer häufiger zu Streiks und gewalttätigen Auseinandersetzungen, die auch schon Tote gefordert hätten, berichtet das seit 30 Jahren in Nepal arbeitende Kinderhilfswerk SOS-Kinderdörfer weltweit.
"Das Erdbeben war eine Katastrophe für die betroffenen Gebiete, doch nun ist das ganze Land betroffen", so Shankar Pradhananga, Direktor der SOS-Kinderdörfer in Nepal. Seit dem 20. September 2015 hat Nepal eine neue Verfassung. Diese sollte nach den Maoisten-Aufständen den Frieden im Land festigen. Doch jetzt spaltet diese Verfassung das Land. Minderheiten wie die Chadhary und Tharus sehen ihre Rechte nicht genügend berücksichtig. Viele dieser Minderheiten leben auch in Indien. Deshalb hat Indien seit zwei Monaten eine komplette Lieferblockade auf Gas, Benzin, Diesel, Lebensmittel und Medikamenten verfügt. Da alleine am Grenzübergang zwischen Indien und Nepal in Brigunj 80 Prozent aller Güter umgesetzt werden, ist Nepal großflächig von Importgütern abgeschnitten. Die Folgen davon sind schlimmer als nach dem verheerenden Erdbeben im Frühling.
Der Winter naht
Auch in Nepal beginnt der Winter. Wegen der Blockade gibt es kein Gas zum Heizen. Schulen und Wohnungen können nicht geheizt werden. Es fehlt an Winterkleidung und warmen Decken. Familien aus den SOS-Kinderdörfern verteilen Nahrungsmittel und Kleider an die Bedürftigen der Gemeinde. Zudem werden Nothilfe-Gelder an die Menschen verteilt, damit diese das nötigste kaufen können, um sich auf die kalte Zeit vorzubereiten. "Wenn wir keine Nahrungsmittel oder Kleider haben, verteilen wir direkt Geld. Das ist immer noch besser als nichts, und die Familien besorgen sich damit das Nötigste", erklärt Shankar Pradhananga. Die Blockade verzögert auch den Wiederaufbau nach dem Erdbeben. Viele Häuser werden nicht wie geplant aufgebaut, da Benzin und Baumaterial fehlen.
Die SOS-Kinderdörfer sind mit 800 Mitarbeitern und zehn SOS-Kinderdörfern in Nepal präsent. So war es möglich, sofort nach der Katastrophe medizinische und materielle Nothilfe zu leisten. In den besonders stark betroffenen Gebieten werden Kinder in SOS-Nothilfe-Kitas psychologisch betreut und Familien finanziell und materiell beim Neubeginn unterstützt. Falls es keine andere Möglichkeit mehr gibt, werden Kinder in SOS-Kinderdörfern aufgenommen.
Quelle: SOS-Kinderdörfer weltweit/Hermann-Gmeiner-Fonds (ots)