Hilfsorganisation gegen Verlängerung von OEF-Mandat durch Bundestag
Archivmeldung vom 14.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAnlässlich der Abstimmung über die Verlängerung des Mandates der "Operation Enduring Freedom" (OEF) im Bundestag fordert die in Afghanistan tätige Hilfsorganisation medico international das Ende des US-geführten Kampfeinsatzes. Dieser sei politisch kontraproduktiv und hätte die militärische Eskalation des Konflikts noch verschärft. Von der afghanischen Bevölkerung wird der OEF-Einsatz aufgrund der hohen zivilen Opferzahlen abgelehnt.
Aus Sicht des medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer ist die
militärische Strategie gescheitert: Die Debatten über die
Militäreinsätze hätten den Blick für die erschütternde Armut im Lande
verstellt. "Die Menschen in Afghanistan müssen spüren, dass am
Hindukusch ihre und nicht die Interessen Deutschlands und der USA
verteidigt werden." Mehr als die Hälfte der Afghanen hat keine
Arbeit. Erforderlich seien deshalb die rasche Wiederankurbelung der
afghanischen Wirtschaft über Investitionen, die Subventionierung des
Weizenanbaus, der Schutz afghanischer Betriebe vor billigen Importen
sowie Begünstigungen beim Export.
Die bisherigen Wiederaufbaubemühungen bewertet Gebauer als
unzureichend, da ein kohärentes Gesamtkonzept fehle: "Nicht das
Vertrauen in soziale Perspektiven beherrscht das Land, sondern ein
immer undurchsichtiger werdendes Geflecht aus Korruption,
Vetternwirtschaft und Rechtsfreiheit, mit dem es die neue, von außen
eingesetzte Führungsclique des Landes verstanden hat, sich den
Löwenanteil der ausländischen Gelder selbst unter den Nagel zu
reißen."
Den Wiederaufbau-Einsatz von sog. "Provincial Reconstruction
Teams" (PRT) durch die Bundeswehr lehnt Gebauer ab, da die
Vermischung von ziviler Hilfe und militärischen Einsätzen die
Mitarbeiter der Hilfsorganisationen gefährde. "Durch die
zivil-militärische Zusammenarbeit verschmelzen Helfer und
ausländische Soldaten in der Wahrnehmung der Bevölkerung. Die Folge
sind tödliche Angriffe mit Opfern vor allem unter den lokalen
Mitarbeitern der Hilfsorganisationen." Allein auf die Minenräumer der
afghanischen Partnerorganisationen von medico international gab es
seit Juni sieben Anschläge und Entführungen mit fünf Toten. Die
Minenräumung in fünf südlichen Provinzen musste eingestellt werden.
Dies erhöht die Gefahr von weiteren Minenunfällen und verhindert
damit die Rückkehr zum Alltagsleben.
medico international unterstützt unter anderem mit Mitteln des Auswärtigen Amtes seit 2002 die Arbeit zweier afghanischer Minenräumorganisationen.
Quelle: Pressemitteilung medico international