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Verfassungskläger kritisiert "Generalermächtigung" für EZB

Archivmeldung vom 15.02.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.02.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Lupo / pixelio.de
Bild: Lupo / pixelio.de

Im Vorfeld der Verfassungsgerichts-Verhandlung zu den Staatsanleihekäufen der EZB kritisiert man auf Klägerseite das entsprechende Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) scharf. Nach Ansicht des Berliner Rechtsanwalts und Finanzprofessors Markus C. Kerber, der einen Teil der Beschwerdeführer vertritt, hat der EuGH der Notenbank gewissermaßen einen Freibrief ausgestellt, weil er "es der EZB voll und ganz überlässt, die Reichweite ihrer Tätigkeit über das geld- und währungspolitische Mandat hinaus zu erweitern".

Damit stelle er es der EZB frei, "auch in einem währungs- und geldpolitisch nahen Nachbargebiet tätig zu werden, wenn sie nur die verbale Fingerübung leistet, dieses Tätigwerden geldpolitisch zu begründen", sagte Kerber der "Welt". In dem Verfahren geht es um die 2012 angekündigten "Outright Monetary Transactions" (OMT). Damals beschloss die EZB, bei Bedarf Staatsanleihen einzelner Euro-Länder in unbegrenzter Höhe aufzukaufen, was bis heute allerdings nie zum Einsatz kam. 2014 verwies das Bundesverfassungsgericht den Fall an den EuGH, nicht ohne schwere Bedenken gegen das Programm zu formulieren - und sich das letzte Wort vorzubehalten.

Nachdem die Luxemburger Richter das OMT-Programm inzwischen im Wesentlichen abgesegnet haben, sind nun wieder Deutschlands Verfassungsrichter am Zug. Aus Kerbers Sicht handelt es sich bei dem EuGH-Urteil um eine "unbegrenzte Generalermächtigung", die es der EZB erlauben würde, "auf allen Gebieten der Wirtschafts- und Finanzpolitik, unter geldpolitischem Vorwand tätig zu werden".

Der mächtigste juristische Hebel gegen das OMT-Programm könnte bei der Bundesbank ansetzen. Nach der Überzeugung von Beschwerdeführer Kerber darf die Notenbank am praktischen Einsatz des Programms nicht mitwirken. Denn: "Die Bundesbank hat die Verpflichtung, die Weisungen des EZB-Rates nicht umzusetzen, wenn der Beschluss rechtswidrig ist." Das ergebe sich schon allein aus dem Bundesbeamtengesetz, das auch für die Beamten der Bundesbank gilt. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass Bundesbank-Präsident Jens Weidmann den aus Kerbers Sicht rechtswidrigen Beschluss des EZB-Rats angesichts der Mehrheitsverhältnisse nicht verhindern konnte. Die Verfassungsbeschwerde verfolge daher nun unter anderem das Ziel, "der Bundesbank durch eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts rechtsklärend den Weg zu ebnen, um den Vollzug des OMT-Programms zu verweigern", so Kerber.

Weidmann selbst hatte deutlich gemacht, dass er mögliche Konflikte mit dem Verbot der Staatsfinanzierung mit der Notenpresse sieht; eindeutige juristische Festlegungen hat er jedoch vermieden. Andere Beobachter erwarten nicht unbedingt ein harsches Urteil aus Karlsruhe. "Ich könnte mir vorstellen, dass das Bundesverfassungsgericht die Vorgaben des EuGH noch etwas verschärfen wird, um seine Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sichtbar werden zu lassen", sagt Verfassungsrechts-Professor Joachim Wieland von der Universität Speyer. Einen offenen Konflikt wird es seiner Ansicht nach aber nicht geben, "zumal das Verfassungsgericht nicht sicher sein kann, dass die deutschen Verfassungsorgane dem BVerfG auf einem Konfliktkurs folgen würden".

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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