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ROG: Journalisten bei Offensive auf Aleppo unter gezieltem Beschuss

Archivmeldung vom 21.11.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.11.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Logo - Reporter ohne Grenzen e.V.
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Reporter ohne Grenzen verurteilt die Angriffe der syrischen Armee auf Journalisten bei den Kämpfen der vergangenen Tage um Aleppo. Seit dem Wochenende haben die Streitkräfte von Präsident Baschar al-Assad mindestens zwei Redaktionen direkt unter Beschuss genommen und einen Bürgerjournalisten getötet. Zugleich stehen Medienschaffende im Norden Syriens unter zunehmendem Druck bewaffneter Gruppen: In den vergangenen dreieinhalb Wochen ist die Zahl der Entführungen von Journalisten in Aleppo und Umgebung noch einmal deutlich gestiegen.

"Die immer häufigeren Entführungen bringen immer mehr syrische Journalisten zum Schweigen. Dadurch wird es zunehmend schwierig, unabhängige Informationen über die Lage im Land zu verbreiten", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Regierung und Rebellen müssen endlich internationales Recht akzeptieren. Journalisten sind Zivilisten und dürfen auch im Krieg nicht gezielt angegriffen werden."

Am vergangenen Wochenende griff die Armee innerhalb von 48 Stunden die Redaktionsräume zweier Medien an. Vier Menschen wurden verletzt, als sie am Samstag die Räume des Aleppo Media Centre (AMC) im Viertel Miyasar mit Raketen beschoss. (http://bit.ly/1ejKMwj) Einer der verletzten AMC-Mitarbeiter berichtete ROG, Assad-Unterstützer hätten ihn zuvor auf Facebook bedroht. Am Sonntag um die Mittagszeit wurden die Redaktionsräume des Halab News Network (HNN, http://halabnews.com) beschossen und dabei teilweise zerstört. Niemand wurde verletzt, aber HNN-Mitarbeiter berichteten von einem abgefangenen Funkspruch der Armee, in dem ihre Arbeit als Informationsaktivisten als Grund für den Angriff genannt worden sei.

Der Bürgerjournalist Mohamed Ahmed Taysir Bellou wurde am Dienstag von einem Scharfschützen der Armee in den Hals geschossen, während er über Gefechte im Nordwesten Aleppos berichtete. Bellou arbeitete für den oppositionellen Fernsehsender Al-Shahba TV, die Shahba Press Agency und das Medienbüro der Rebellengruppe Ahrar Souria.

Allein seit Ende Oktober haben bewaffnete Gruppen in und um Aleppo mindestens fünf syrische Bürgerjournalisten in ihre Gewalt gebracht. Der Fotograf Ziad Homsi wurde am 28. Oktober bei der Rückkehr von einer Türkei-Reise an einem Kontrollpunkt der Jihadistengruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIS) entführt. (http://on.tnr.com/1aFGnVt) Einen Reporter des Fernsehsenders Orient TV, Muayyad Sallum, traf es am 1. November in einem Vorort von Aleppo. Den Bürgerjournalisten Abdul Wahab al-Mulla, der zu den Gründern von HNN sowie einer lokalen Journalistenvereinigung gehört, verschleppten Bewaffnete am 7. November aus seiner Wohnung im Stadtteil Hanano. Ebenfalls aus seiner dortigen Wohnung entführten fünf Männer fünf Tage darauf den Medienaktivisten Jomaa Musa.

Rund 30 Bewaffnete stürmten am Abend des 14. November das Büro der Nachrichten-Webseite Zaman Al-Wasl (http://bit.ly/1fXPW1x) in Aleppo und suchten dort nach dem Reporter Ra'fat al-Rifaei. Dieser hält sich seitdem versteckt. Seiner Redaktion sagte er, vermutlich sei er wegen seiner Artikel ins Visier der Angreifer geraten. Vor allem in der Woche vor dem Überfall habe er zahlreiche Drohungen erhalten. Am 16. November entführten Bewaffnete in Aleppo im Stadtviertel Zebdiya den Bürgerjournalisten Ahmed Bremo.

Bei einer versuchten Entführung vor seiner Wohnung erschossen drei Bewaffnete am 29. Oktober Mohamed Said Al-Khatib, einen Korrespondenten des Fernsehsenders Al-Arabiya. Er wurde offenbar wegen seiner öffentlichen Äußerungen zur Entführung dreier Kollegen von Orient TV (http://bit.ly/16CuIkf) angegriffen.

Insgesamt sind derzeit mehr als 20 syrische Medienschaffende verschleppt und mindestens 16 ausländische Journalisten verhaftet, entführt oder vermisst. Eine besondere Bedrohung sind die Gewalttaten und Drohungen der Gruppe ISIS, die keinerlei Kritik an den Erklärungen ihrer Anführer duldet. Allein seit Anfang November sind deshalb mehr als zehn Journalisten in die Türkei geflohen, viele andere haben aus Furcht vor Racheakten der Jihadisten ihre Arbeit eingestellt.

Unterdessen haben Geheimdienstmitarbeiter in einem Vorort der Hauptstadt Damaskus am Montag vergangener Woche den unabhängigen Journalisten Omar al-Shaar aus seiner Wohnung entführt. Seinen Computer sowie den seiner Frau, einer Rechtsanwältin, beschlagnahmten sie. Al-Shaar ist seit 2011 Redakteur des englischen Teils der Nachrichtenwebseite DP-Press News (http://www.dp-news.com/en/).

Am Montag dieser Woche vertagte ein Anti-Terror-Gericht in Damaskus ein weiteres Mal den Prozess gegen den Gründer und Leiter des Syrischen Zentrums für Medien und Meinungsfreiheit (SCM), Mazen Darwish, sowie gegen seine Mitarbeiter Hussein Ghareer und Hani Al-Zitani. Seit ihrer Festnahme bei einer willkürlichen Razzia des Luftwaffengeheimdienstes am 16. Februar 2012 hat die Anklage keine stichhalten Vorwürfe gegen sie vorgebracht. Zusammen mit elf anderen Menschenrechtsorganisation hat ROG deshalb in dieser Woche die syrische Regierung aufgefordert, Darwish und seine Mitarbeiter sofort und bedingungslos freizulassen und die Vorwürfe gegen sie fallenzulassen. (http://bit.ly/1b5bREH) Dies hatte die UN-Vollversammlung der Vereinten Nationen bereits am 15. Mai in einer Resolution zur Lage in Syrien verlangt. (http://bit.ly/18Si1lE)

Syrien steht auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 176 von 179 Ländern - noch schlimmer ist die Lage nur in Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea. Aktuelle Meldungen zur Situation von Journalisten und Medien in Syrien finden Sie unter http://en.rsf.org/syria.html. Den ausführlichen ROG-Bericht "Journalismus in Syrien - ein Ding der Unmöglichkeit?" können Sie unter http://bit.ly/1ate6LP herunterladen.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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