Koalitionspolitiker kritisieren Euro-Gruppen-Chef scharf
Archivmeldung vom 26.03.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt![Jeroen Dijsselbloem](https://www.extremnews.com/images/article_portrait-3fe1ba1a53a04098814d3305120f1f5e.jpg)
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Politiker von CDU und FDP haben die Äußerungen von Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem scharf kritisiert, wonach die Maßnahmen zur Zypern-Rettung als Vorbild für andere Euro-Krisenstaaten dienen könnten. "Zypern ist und bleibt ein Sonderfall, der die Euro-Gruppe, ihren Chef und vor allem die zypriotischen Bürgerinnen und Bürger vor besondere Herausforderungen gestellt hat und auch weiterhin stellen wird", sagte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU), "Handelsblatt-Online".
"Wir sollten uns jetzt darauf konzentrieren, Zypern bei den anstehenden Reformen zu unterstützen, statt mit markigen Worten die Märkte zu verunsichern." Der Vorsitzende der FDP im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff, stellte seinerseits die Eignung Dijsselbloems für den Euro-Spitzenposten infrage. Der Chef der Euro-Gruppe habe nicht verstanden, wie sensibel die Materie sei, mit der er umgehe. "Es zeigt sich aber auch, dass die Mitgliedstaaten bei der Besetzung solcher Posten künftig auf Kompetenz statt auf Proporz achten müssen", sagte Lambsdorff. "Deutschland bestand auf einem Finanzminister aus einem AAA-Land, was richtig und nachvollziehbar ist, Frankreich aber wollte unbedingt einen Sozialdemokraten und auf keinen Fall Wolfgang Schäuble." Das Ergebnis sei "der überforderte Herr Dijsselbloem". Die Aussage, dass Bankkunden in anderen Krisenländern wie in Zypern um ihre Einlagen fürchten müssen, sei ein "weiterer schwerer Fehler" des Euro-Gruppen-Chefs gewesen. "Gott sei Dank ist ihm die EZB sofort in die Parade gefahren", sagte das FDP-Präsidiumsmitglied. Das französische Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), Benoît Coeuré, hatte sich von den Äußerungen Dijsselbloems distanziert und erklärt: "Es war falsch von Herrn Dijsselbloem zu sagen, was er gesagt hat." Die Erfahrung mit Zypern sei "kein Vorbild für den Rest der Euro-Zone, weil die Situation ein Ausmaß erreicht hatte, das mit keinem anderen Land vergleichbar ist". Die Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Birgit Reinemund (FDP), nannte die Äußerungen Dijsselbloems im Gespräch mit "Handelsblatt-Online" "als Drohung politisch nicht geschickt". Die FDP-Politikerin sagte aber auch, dass er "richtigerweise" klarstelle, "dass Problembanken nicht automatisch damit rechnen können, auf Kosten der Steuerzahler gerettet zu werden".
Euro-Rettung: Deutsche-Bank-Chefvolkswirt fordert Einbeziehung von Gläubigern
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, hat dafür plädiert, bei der Euro-Rettung Gläubiger von Banken und Staaten stärker einzubinden. "Man sollte jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um Marktdisziplin wieder herzustellen", sagte er dem "Handelsblatt". "Die Gläubiger von Banken und Staaten müssen herangezogen werden, bevor der europäische Steuerzahler zu Hilfe gerufen wird", forderte der Volkswirt. Dass im Falle Zyperns zunächst Kleinsparer involviert werden sollten, kritisierte Folkerts-Landau deutlich: "Sparer mit Einlagen unter 100.000 Euro hätte man von Anfang an schonen sollen. Das war ein gravierender Fehler, entstanden im Nebel der nächtlichen Verhandlungen." Es sollte kein Zweifel daran entstehen, dass garantierte Einlagen sicher und die nationalen Einlagensicherungssysteme in der EU solide sind. Ausdrücklich lobte Folkerts-Landau die Rolle von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in der Krise. Weidmann sei "eine Stimme der Vernunft" in einer Zeit, die durch eine noch nie dagewesene monetäre Expansion der Notenbanken der USA, Englands und nun auch Japans geprägt werde. "Wir befinden uns inmitten eines historisch einmaligen geldpolitischen Experiments und jetzt kommen auch noch stetig lauter werdende Rufe nach fiskalischer Expansion dazu", sagte Folkerts-Landau. Das sei ein "riskantes Spiel mit dem Wohlstand zukünftiger Generationen". Die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), der Sicherung des Euro Vorrang vor der Preisstabilität zu geben, sei "eine legitime politische Entscheidung von demokratisch gewählten Regierungen", sagte Folkerts-Landau. "Dies respektiere ich zwar, stimme dem aber nicht zu", sagte er. Diese Entscheidung habe die Anreize für die politischen Entscheidungsträger in den südlichen Krisenländern, die für ein erfolgreiches Bestehen in einer globalisierten Weltwirtschaft notwendigen Reformen durchzusetzen, "entscheidend geschwächt". Der Reformdruck sei stark gesunken. Es sei sehr unwahrscheinli! ch, dass ohne den Druck der Finanzmärkte, der durch die EZB neutralisiert worden sei, die unbedingt notwendigen strukturellen Reformen unternommen würden. "Das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone wird daher weit unter seinem Potenzial bleiben."
Riexinger warnt vor Scheitern des Euro
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat angesichts der Zypern-Hilfe vor einem Scheitern des Euro gewarnt. "Ich warne vor den Risiken und Nebenwirkungen des Zypern-Deals", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe). "Das Ergebnis ist nicht zustimmungsfähig. Die Serie von Tabubrüchen und Aushebelungen der Währungsunion wird nicht ohne Folgen bleiben. Wo künftig ein Land zum Rettungskandidaten wird, dort werden die Bürger aus Angst die Banken stürmen. Hier brodelt eine hochgefährliche Mischung." Riexinger fügte hinzu: "Ich fürchte, wenn die Euro-Zone nicht die wirklichen Krisenursachen bekämpft, vor allem das Dumping bei Löhnen und Reichensteuern und die extremen wirtschaftlichen Ungleichgewichte, dann hat der Euro keine Zukunft."
Quelle: dts Nachrichtenagentur