Tausende Flüchtlinge von der Außenwelt abgeschnitten
Archivmeldung vom 11.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Bürgerkriegssituation auf Sri Lanka nähere sich immer mehr den Gewaltverhältnissen der 80er Jahre an, so der medico-Mitarbeiter Thomas Seibert, der sich gegenwärtig auf der Insel aufhält. Seit Sommer sind im Norden Sri Lankas, auf der Halbinsel Jaffna zehntausende Flüchtlinge und hunderttausende Bewohner von der Außenwelt abgeschnitten.
Die Lebensmittel- und
Medikamentenversorgung ist höchstens zu 30 Prozent gewährleistet.
Auch das Kerngebiet der tamilischen Unabhängigkeitsbewegung LTTE ist
seit Monaten von der srilankischen Armee eingeschlossen. Der
ökonomische Kreislauf sei dort, so Seibert, gänzlich zum Erliegen
gekommen.
Vergangene Woche hat die srilankische Regierung einen "Prevent of
Terrorism Act" erlassen, der der Regierung großen Spielraum in der
Definition von "Terrorismus" eröffnet. Thomas Seibert: "Viele
Vertreter zivilgesellschaftlicher Gruppierungen, die sich für den
Frieden einsetzen, haben Angst und wagen sich kaum öffentlich
aufzutreten. Nach dem jüngsten Erlass kann jeder Aktivität für den
Frieden der Vorwurf der Terrorismusunterstützung gemacht werden.
Darauf stehen nun 10 Jahre Haft." Im Ergebnis, so Seibert, wurden die
Friedensdemonstrationen, die regelmäßig in Colombo stattfanden,
letzte Woche vorerst eingestellt. Eine Erklärung des srilankischen
Journalistennetzwerkes "free media movement" sieht durch den jüngsten
Regierungserlass die Pressefreiheit in Gefahr, weil jede kritische
Berichterstattung über Regierungsaktivitäten in der
Bürgerkriegsregion als "terrorismusunterstützend" gebrandmarkt und
verurteilt werden könne.
"Im Windschatten des 'Krieges gegen den Terror' glaubt die Regierung in Colombo, den Kampf gegen die bewaffnete tamilische Unabhängigkeitsbewegung gewaltsam für sich entscheiden zu können", so Thomas Seibert. Für die Menschen im Norden und Nordosten habe diese Eskalation der Gewalt verheerende Folgen. Sie seien zu Geißeln des Konflikts geworden. Abgeschnitten von der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten drohe dort eine humanitäre Katastrophe. Zugleich herrsche gänzliche Rechtsunsicherheit in einem Zustand überbordender Gewalt, die von der Regierungsarmee, den bewaffneten Kräften der LTTE, paramilitärischen Gruppen, die auf Seiten der Zetralregierung kämpfen und Banditen ausgehe. Auch die Arbeitsbedingungen für Hilfsorganisationen seien ungleich schwieriger geworden. Die Folgen für ihre Arbeit angesichts des neuen Regierungserlasses noch unabsehbar.
Quelle: Pressemitteilung medico international