Kirchhof: Einreiseverbot für Erdogan liegt in Hand der Bundesregierung
Archivmeldung vom 08.03.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer Vizepräsident des Bundesverfassungsgericht, Ferdinand Kirchhof, hat hervorgehoben, dass ein Einreiseverbot für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan "in der Hand der deutschen Regierung" liege und "erst danach im konkreten Verbotsfall von Gerichten zu überprüfen" wäre. "Wenn er als Staatspräsident, also als einer der höchsten Repräsentanten der Türkei, auftritt, kann er sich zumindest nicht auf Grundrechte berufen", sagte Kirchhof der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
"Er muss sich dann an die diplomatischen Regeln des Völkerrechts halten. Das internationale Recht erlaubt die Beschränkung der politischen Tätigkeit von Vertretern fremder Staaten", sagte Kirchhof. Zum Föderalismus in Deutschland und in Europa sagte er: "Europa treibt alles auseinander und besinnt sich auf seine nationale Identität.
In Deutschland dagegen gibt es - vor allem wenn man auf die geplanten Verfassungsänderungen blickt - eine Bewegung zum Zentralismus. Hier hat der Bund das Geld und den Gestaltungswillen. Wir bewegen uns auf einem Pfad, der zum Gegenteil von dem führt, was die Föderalismuskommission wollte." Kirchhof beklagt zudem, dass im demokratischen Diskurs in Deutschland zu viel moralisiert werde: "Hier weist der Diskurs in der deutschen Demokratie eine Schräglage auf."
Man kämpfe "nicht mehr um die eigenen Interessen sondern um das angeblich allein ethisch Gebotene". Ein Beispiel zeige Stuttgart 21: "Die Wutbürger hören nicht auf, den Beschluss zu bekämpfen, obwohl das Verfahren der Abstimmung beendet ist, weil sie sich dennoch `im Recht` fühlen. Sie erkennen demokratische Mehrheitsentscheidungen nicht mehr an", so Kirchhof.
Quelle: dts Nachrichtenagentur