Asylrechtler: EU-Plan rechtlich möglich
Archivmeldung vom 24.09.2018
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Freigeschaltet durch André OttDer Leiter des Konstanzer Forschungszentrums für Ausländer- und Asylrecht, Daniel Thym, hält den EU-Plan für Verbringung von Mittelmeer-Migranten in Einrichtungen in Afrika für rechtlich möglich. "Nach internationalem Seerecht muss man Personen, die aus Seenot gerettet werden, an einen `sicheren Ort` bringen, der keineswegs in der EU liegen muss", sagte Thym der "Welt". Auch eine sogenannte Ausschiffungsplattform könne ein sicherer Ort sein, solange dort die internationalen Menschenrechtsstandards gesichert seien.
Es gehe ganz konkret um Trinkwasser, Essen, Unterkunft und medizinische Notversorgung nach globalen Standards, die auch für andere UNHCR-Projekte gelten und niedriger sein können als im deutschen Sozialstaat. In den von den EU-Staats- und Regierungschefs angestrebten "Ausschiffungsplattformen" könnten Thym zufolge das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) in einem Screening zwischen Personen mit und ohne Schutzbedarf unterscheiden. Hierbei würden erneut internationale Standards angelegt und kein förmliches Asylverfahren nach europäischen Regeln durchgeführt, so Thym. "Rechtlich ist auch dies möglich, denn die EU-Asylrichtlinien gelten nur auf dem Hoheitsgebiet und an den Außengrenzen, nicht jedoch auf Hoher See." Indem man die Bootsflüchtlinge gar nicht mehr auf EU-Territorium bringe, schafften sich die Staats- und Regierungschefs einen rechtlichen Spielraum, der in Sizilien oder Malta nicht bestehe, sagte der Professor der Universität Konstanz. Das Vorgehen werde zwar als Umgehung der Menschenrechte kritisiert, aber rechtswidrig sei es nicht. "Das europäische Asylrecht gilt nicht auf der ganzen Welt."
Auf die Frage, warum es der EU bisher nicht gelungen ist, einen afrikanischen Staat davon zu überzeugen, auf dem eigenen Gebiet ein solches Zentrum zu erlauben, sagte Thym: "Es dürfte sich nur dann ein Land bereit erklären, eine Ausschiffungsplattform zu dulden, wenn der zügige Weitertransport funktioniert. Ganz bewusst spricht der Europäische Rat nicht von `Zentren` oder `Lagern`, sondern von einer `Plattform`, von der aus die Weiterreise je nach Schutzbedarf entweder in die Heimatländer oder in die Aufnahmestaaten organisiert wird." Thym sagte: "Gerade weil viele Mittelmeer-Migranten derzeit keinen Schutzbedarf haben, ist die effektive Rückführung die Achillesferse des Brüsseler Asylkompromisses. Solange die Herkunftsländer nicht überzeugt werden, ihre Bürger zurückzunehmen, drohen die Plattformen veritable Lager zu werden."
Quelle: dts Nachrichtenagentur