Roth: Sanktionen gegen Syrien
Archivmeldung vom 26.04.2011
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtZum brutalen Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte und der Armee gegen die friedlichen Demonstranten erklärt Claudia Roth, Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Wir stehen klar und unmissverständlich auf der Seite der syrischen Bürgerinnen und Bürger, die mit friedlichen Mitteln und Protestkundgebungen ihre selbstverständlichen Bürger- und Menschenrechte einfordern. Eine besondere Rolle spielen bei den aktuellen Protesten Studierende, Journalisten, Blogger, Schriftsteller und Intellektuelle, die keine Märtyrer sein wollen, sondern die ihr Recht auf Zukunft fordern.
Baschar al-Assad und die ihn tragende alte Machtelite setzen
offensichtlich auf ein gewaltsames Ersticken der friedlichen
Protestbewegung. Damit nehmen sie die Tötung zahlreicher Zivilisten in
Kauf und zerstören millionenfache Hoffnungen auf eine bessere und
lebenswürdige Zukunft in Syrien.
Das Vorgehen der Armee mit schweren Waffen gegen die eigene Bevölkerung,
die gezielte Tötung von Protestierenden durch Geheimdienste und
Sicherheitskräfte sind eine verabscheuungswürdige Nachahmung dessen, was
der Vater des jetzigen Präsidenten und andere Diktatoren versucht
haben:
mit nackter Gewalt, rücksichtlosem Blutvergießen, Verbreitung von Angst
und Schrecken die eigene Macht zu stabilisieren. Die syrischen
Machthaber haben alle Chancen zu Reformen in den vergangenen Jahrzehnten
verstreichen lassen und das Land abgewirtschaftet. Das Versagen ist
nicht nur im Umgang mit ethnischen Minderheiten, mit Menschen- und
Bürgerrechten offenkundig. Auch die wirtschaftliche und soziale Lage ist
desaströs. Das Bildungssystem liegt am Boden. Umso verständlicher sind
der Protest der Jugend und ihr furchtloser Einsatz für bessere
Zukunftsperspektiven.
Trotz der umfassenden Zensur nach alter Manier erfährt die
Weltöffentlichkeit tagtäglich, was in Syrien passiert. Das nährt
Hoffnung, dass die junge Freiheitsbewegung mit modernen Mitteln der
Kommunikation gegen die veralteten Zensurinstrumente des Regimes wirksam
umgehen kann. Jede Initiative der nach Freiheit strebenden Publizisten
ist deshalb so wichtig, weil das Assad-Regime auf eine gezielte
Vernebelungstaktik setzt, indem es das Gegenteil dessen praktiziert, was
es in Ankündigungen vorgaukelt. Die internationale Gemeinschaft muss
jetzt mit allen Mitteln auf einen Gewaltverzicht durch das Regime
drängen. Wir fordern Sanktionen und die internationale Ächtung von
Personen, die an den brutalen Unterdrückungsmaßnahmen in den syrischen
Städten beteiligt sind. Alle Waffenlieferungen nach Syrien müssen
gestoppt werden, die Zusammenarbeit mit syrischen Sicherheits- und
Geheimdiensten eingestellt werden. Gegengewalt und die Drohung damit
darf keine Antwort in dieser konfliktreichen Region sein.
Die Bundesregierung und die EU fallen in diesen Tagen vor allem durch ihre Gleichgültigkeit auf. Angesichts der Brisanz der Lage im Nahen Osten mit der unmittelbaren Nachbarschaft zu Europa erwarten wir Initiativen der EU, die sich für den Schutz der friedlichen Demonstranten und der Opfer staatlicher Repression sowie für eine Demokratisierung des Landes einsetzen. Der Einfall- und Tatenlosigkeit muss ein Ende gesetzt werden. Wer Syrien nicht zum Hinterhof des Iran machen will, muss die wichtige Mittlerrolle der Türkei endlich anerkennen und auf den Einfluss und Möglichkeiten der Türkei in der Region setzen.“
Quelle: Bündnis 90/Die Grünen