Allensbach-Chefin sieht unruhige Stimmung in Deutschland
Archivmeldung vom 13.12.2016
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Freigeschaltet durch André OttDie Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher, sieht in Deutschland eine unruhige Stimmung - unter anderem wegen der Terrorgefahr. "Die Verunsicherung ist nach wie vor groß, auch wegen der Anschläge in den letzten zwölf Monaten", sagte Köcher der "Welt". "Das Thema innere Sicherheit hat immer mehr an Bedeutung gewonnen."
Nach der Lage infolge der Flüchtlingskrise 2015 sagte Köcher aber: "Die Bevölkerung ist heute wesentlich ruhiger als vor einem Jahr. Damals war sie in einem Schockzustand. Die Mehrheit war über die Flüchtlingssituation sehr beunruhigt." Aktuell seien es noch rund 30 Prozent. Deutschland sei kein gespaltenes Land wie die Vereinigten Staaten, glaubt die Demoskopin. "Die USA und Deutschland sind nicht vergleichbar", so Köcher. Nach der Finanzkrise seien viele Mittelstandsfamilien in den USA sozial abgerutscht, "tragische Schicksale, mit denen sich die Gesellschaft kaum auseinandergesetzt hat.
Und es gibt eine breite Unterschicht, die kaum Chancen hat." Davon seien die Deutschen "weit entfernt". "Wir haben in Deutschland ganz ausgeprägt den Wunsch, dass die Gesellschaft zusammenbleiben soll und keine soziale Schicht zurückbleibt." Mit dem Begriff Populismus kann die Meinungsforscherin wenig anfangen.
"Ich verwende ihn so gut wie nicht. Er wird als Schlagetot-Vokabel benutzt. Immer wenn man etwas diskreditieren will, nennt man es populistisch." Kritisch werde es erst dann, "wenn sich Politiker gegen ihre Überzeugungen aus rein taktischen Erwägungen an die Spitze von gesellschaftlichen Strömungen setzen, um dadurch Stimmen zu gewinnen". Mit Blick auf die AfD sagte Köcher: "Es würde mich wundern, wenn sie nicht auch im nächsten Bundestag vertreten wäre. Davon geht aber die Demokratie nicht zugrunde."
Die anderen Parteien sollten verstärkt an ihren eigenen Programmen und Zielen arbeiten, statt sich an der AfD "abzuarbeiten". Über die Unterschiede zwischen den Generationen sagte die Allensbach-Chefin: Politisch am interessiertesten seien heute Menschen ab 60 Jahren, am wenigsten die unter 30-Jährigen. Als Erklärung dafür führt sie an: "Was oft übersehen wird: Neben den staatlichen Transfers gibt es die privaten in den Familien, die eine große und wachsende Bedeutung haben.
Die große Mehrheit der jungen Generation ist sicher, auf die Unterstützung von Eltern und Großeltern bauen zu können, während sie die langfristigen Sicherheitsgarantien des Staates eher mit Fragezeichen versieht." Laut der Demoskopin scheinen die Deutschen wieder daran zu glauben, aufsteigen zu können.
"Der Statusfatalismus ist erfreulicherweise zurückgegangen. Noch vor zehn Jahren zeigten Untersuchungen, dass die unteren sozialen Schichten in Deutschland und insbesondere auch Jüngere aus den schwächeren sozialen Schichten weniger an ihre Aufstiegschancen glaubten, als das in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in Schweden der Fall war.
Das hat sich mittlerweile deutlich verbessert. Das ist natürlich vor allem ein Ergebnis der robusten Konjunktur, die immer mehr Breitenwirkung entfaltet hat."
Quelle: dts Nachrichtenagentur