Finanzpolitiker fürchten Lockerung der EU-Schuldenregeln
Archivmeldung vom 03.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttWenige Tage bevor die EU-Kommission die Reform der Schuldenregeln für die Euro-Zone einleitet, warnen Finanzpolitiker vor einer Lockerung der Vorgaben. "Es würde zur Logik der Von-der-Leyen-Kommission passen, das Thema Nachhaltigkeit nun auch in die Fiskalregeln einbauen zu wollen", sagte Markus Ferber der "Welt".
Der CSU-Politiker ist Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments. Hintergrund ist, dass Frankreich, Italien und andere südeuropäische Mitgliedsländer die Regeln für zu starr halten. Mehr Ausnahmen für Investitionen könnten den Kampf gegen den Klimawandel beschleunigen und in Ländern dringend notwendige Investitionen für mehr Wachstum unterstützen, so das Argument. "Ich kann nur davor warnen, damit anzufangen, bestimmte Arten von Investitionen aus den Verschuldungsregeln herauszurechnen", so Ferber.
"Wenn wir damit anfangen, werden wir uns wundern, was Frankreich und Italien alles als nachhaltig definieren." Auch Finanzpolitiker in Berlin blicken skeptisch auf die Pläne für eine Revision der Fiskalregeln. "Schulden bleiben Schulden, egal wofür sie gemacht werden", sagte Florian Toncar, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Für sie müssten Zinsen bezahlt werden, sie müssten irgendwann getilgt werden.
Es sei schlimm genug, dass die Bundesregierung nichts dafür tut, dass die bestehenden Schuldenregeln in Europa eingehalten werden. "Dass sie aber bereit ist, diese noch weiter aufzuweichen, ist ein finanzpolitischer Offenbarungseid", sagte Toncar.
Selbst bei Politikern, die grundsätzlich mehr Spielraum für Investitionen in den Regeln unterstützen, sorgen Überlegungen zu Sonderregeln für den Klimaschutz für Skepsis. "Investitionen in den Klimaschutz und die digitale Transformation zu bevorzugen, wird die Fiskalregeln noch viel komplizierter machen. Das schafft nur Probleme bei der Definition und Abgrenzung, welche Investitionen digital und ökologisch sind", sagte Sven Giegold, der finanz- und wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament. "Die Regeln sollten Investitionen insgesamt besser stellen, anstatt einzelne Investitionen selektiv zu begünstigen. Gleichzeitig müssen die Regeln besser durchgesetzt werden als bisher." Auch Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Linken, spricht sich zwar grundsätzlich dafür aus, öffentliche Investitionen von den Schuldenregeln auszunehmen. "Aber eine Ausnahme nur für ökologische Investitionen macht die Fiskalregeln nur wieder komplizierter. Der Streit wird ausbrechen, was grüne Investitionen sind", sagte er. Frankreich beispielsweise verstehe darunter auch Atomkraft.
Quelle: dts Nachrichtenagentur