elumeo SE: Nach Protesten in Bangkok: Wütende Mitarbeiter bedienen sich am Firmeneigentum
Archivmeldung vom 29.08.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.08.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttEhemalige Mitarbeiter des thailändischen Schmuckherstellers PWK haben die wegen Zahlungsunfähigkeit geschlossenen Fabrikgebäude in der Provinz Chanthaburi in Begleitung von Polizei betreten. Auf der Basis eines Urteils eines thailändischen Arbeitsgerichtes vom 12.6.2019 haben sie Unternehmenseigentum identifiziert und für sich gesichert.
PWK ist ein Tochterunternehmen des in die Negativ-Schlagzeilen geratenen Schmuckhandelsunternehmen elumeo SE. Die wütenden Arbeiter, die um ihre gesetzlich vorgeschriebene Abfindung gebracht wurden, hatten sich vom Gericht einen Vollstreckungsbescheid besorgt. Damit erhielten sie das Recht das Firmengrundstück zu betreten und als Ausgleich für nicht gezahlten Abfindungen und Gehälter Firmeneigentum zu "konfiszieren und zu beschlagnahmen." Tage zuvor hatte ein Teil der einst über 600 geprellten thailändischen Mitarbeiter vor der deutschen Botschaft in Bangkok und vor dem PWK-Unternehmensgebäude in der Provinz Chanthaburri gegen das Management von elumeo SE und deren Unterstützer protestiert. Auch trauerten sie bei den Protesten um eine ehemalige Mitarbeiterin, die entlassen und nicht bezahlt wurde. Die 39-jährigen Pranee Ngampanya, Mutter eines kleinen Kindes starb am 15. August 2019, weil sie ihre medizinische Versorgung nicht bezahlen und von der Sozialversicherung profitieren konnte.
Für das elumeo-Management unter dem Verwaltungsratsvorsitzenden Wolfgang Boyé ist das eine weitere Hiobsbotschaft. Wie bereits mehrfach in den Medien berichtet, hatte des Schmuckhandelsunternehmen elumoe SE, das Juwelen und Schmuck über den TV- und Internetkanal "Juwelo" vertreibt, eine Schmuckfabrik in Thailand aufgebaut. Die Kapazitäten der Fabrik waren ursprünglich auf 2 Mio Schmuckstücke pro Jahr ausgelegt. Allerdings blieb der Vertrieb des Schmucks über TV und Internet weit hinter den Erwartungen zurück. Das Management unter dem ehemaligen Scholz & Friends-Werber Wolfgang Boyé steuerte das Unternehmen "elumeo SE" mit seiner Vertriebstochter "Juwelo GmbH" in eine wirtschaftliche Krisensituation. Unter Boyé brachen die Umsätze ein, die Aktie fiel in den Penny-Stock Bereich. Doch anstatt Arbeiter in Thailand ordentlich zu kündigen und ihnen die gesetzliche Abfindung zu bezahlen, versuchte Boyé die Verantwortung auf die thailändischen Geschäftsführer der PWK zu schieben, verbunden mit der Aufforderung, sie sollten die Geschäftsschulden mit Firmeneigentum begleichen.
Trotz der mangelnden Resonanz im Markt bestellte die Truppe um Wolfgang Boyé weiterhin Schmuck bei PWK in Thailand. Insgesamt wurde Ware im Wert von über 30 Millionen EUR von Thailand nach Deutschland verschifft. Doch bezahlt wurde nur tatsächlich nur ein geringer Bruchteil der Ware. Die Folge: Der Schmuckhersteller PWK konnte die Gehälter und die Gläubiger nicht mehr bezahlen und wurde zahlungsunfähig.
Doch mit der Aufforderung der Führung der elumeo SE, die Gläubiger, Gehälter und Stromrechnungen durch Verkauf oder Verrechnung des Gesellschaftsvermögens zu bezahlen, erhielt die PWK Geschäftsführung eine E-Mail von Silverline (der Gesellschaft, mit der elumeo die Anteile an PWK hält). Darin wurde der Geschäftsführung der PWK wiederum strengstens "jeder Verkauf, jede Übertragung oder sonstigen Verfügung über Vermögenswerte der Gesellschaft zu einem niedrigeren als dem Marktwert" untersagt. Dies machte es den PWK-Geschäftsführern praktisch unmöglich die Schulden der Firma zu begleichen.
Neben der Politik beschäftigen sich inzwischen Polizeibehörden und Staatsanwälte in Thailand und in Deutschland mit dem Fall und ermitteln gegen Wolfgang Boyé und seine Mitmanager wegen Betruges. Auch muss sich elumeo SE gegen eine Multi-Millionen-Klage erwehren. Lieferanten der elumeo-Tochter PWK haben das Unternehmen verklagt, weil sie nicht bezahlt wurden, darunter so große Diamantenlieferanten wie Flawless. Andere Gläubiger wie Bright Future und G4S wurden ebenfalls nicht bezahlt.
Als ein wichtiger Unterstützer des angeschlagenen elumeo-Managers Wolfgang Boyé erwiesen sich auf der letzten Hauptversammlung die Vermögensverwalter von FPM (Frankfurt Performance Management), die gegen die Einsetzung eines Sonderprüfers stimmten. Dieser sollte untersuchen, wie das einst vielversprechende Unternehmen unter dem Management von Wolfgang Boyé eine solche Talfahrt hinlegen konnte. Auch sollte der Sonderprüfer die Vorgänge um die Schließung des Schmuckherstellers PWK ausleuchten.
Auf besonderes Interesse dürfte die Entwicklung bei elumeo SE und die Behandlung der geprellten PWK-Mitarbeiter in Thailand beim staatlichen Norwegischen Staatsfonds stoßen, der größte Staatsfond der Welt. FPM, Unterstützer von elumeos Verwaltungsrat Wolfgang Boyé beraten den Staatsfonds bei deutschen Aktien. Nach einem größeren Investment 2015 bei elumeo in Höhe von 40 Mio. NOK, belief sich der Aktienanteil 2018 auf 2 Mio. NOK.
Die
Anlagerichtlinien des norwegischen Staatsfonds sind von den Prinzipien
ethischer Investments geprägt. So investiert der Fonds nicht mehr in
Unternehmen, die Massenvernichtungswaffen herstellten oder gegen
Menschen- und Arbeitnehmerrechte verstoßen. FPM dürfte angesichts der
Geschehnisse um den Schmuckhersteller PWK nicht nur wegen des offenbar
schlechten Investments in die schlingernde elumeo SE in Erklärungsnöte
kommen, sondern auch wegen der Missachtung von Arbeitnehmerrechten bei
der elumeo-Tochter PWK. Es wäre übrigens nicht das erste Mal, dass die
Norweger deshalb Konsquenzen ziehen: Der norwegische Staatsfonds hat
aufgrund der Missachtung der Arbeitnehmerrechte seine Beteiligung am
amerikanischen Handelsriesen Walmart beendet.
Quelle: Rechtsanwalt Roderich Schaetze /ots