Appell von Flüchtlingen auf Lesbos: "Wir brauchen Europa, um zu überleben"
Archivmeldung vom 17.04.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Flüchtlinge im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos haben sich mit einem dramatischen Appell an die EU und ihre Mitgliedsregierungen gewandt. "Wir brauchen Europa, um zu überleben!", heißt es in dem Appell, den der in Berlin erscheinende "Tagesspiegel" (online) im Wortlaut veröffentlicht.
Das Virus im Lager wäre "wie ein Todesurteil für alte, kranke und andere schutzbedürftige Personen", erklären die Initiativen "Moria Corona Awareness Team" und die Weißhelme im Camp, die "Moria White Helmets" stellvertretend für die Asylsuchenden und Migranten im Camp. Zusätzlich zu den schrecklichen allgemeinen Lebensbedingungen im Camp, "die uns Tag für Tag erniedrigen", gebe es nun die Pandemiegefahr, "der wir uns nicht allein stellen können".
In dem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Kanzlerin Angela Merkel und die anderen EU-Regierungschefs heißt es weiter: "Wir begannen, unser Leben im Elend zu organisieren. Wir versuchten, unsere Würde zu schützen. Aber wir können nicht gegen ein Virus kämpfen ohne minimale Hygienestandards und Möglichkeiten, uns zu schützen."
Konkret vorgeschlagen werden zahlreiche Schritte zur besseren Organisation von Wasserversorgung über Müllentsorgung bis zu Brandschutz, Isolation und Bildung. Die Empfehlungen gegen die Ausbreitung von Corona im Lager klängen illusionär für die Bewohner: "Wie sollen wir Abstand halten?" Zugleich wird in dem Aufruf verlangt, die Alten, Kranken und Verwundeten sofort zu evakuieren - "weil es hier keinen Schutz für sie gibt". Dazu müssten auch unbegleitete oder kranke Kinder mit ihren Familien gehören.
Die Unterzeichner des Appells danken ausdrücklich für die Solidarität der europäischen Zivilgesellschaft, "von allen Menschen, die nicht bereit sind, uns in Zeiten der Coronakrise in ihren Ländern im Stich zu lassen".
Weiter heißt es: "Wir sind alle nach Europa gekommen, weil wir wie Menschen leben wollen und weil wir die Gewalt, die Kriege und die Verfolgung, mit der wir alle konfrontiert waren, nicht mehr ertragen konnten." Und: "Wir kamen, weil unsere Kinder eine bessere Zukunft verdienen."
Quelle: Der Tagesspiegel (ots)