Schulden für Waffen: Ischinger stellt schwarze Null infrage - Mehr Investition in NATO
Archivmeldung vom 31.01.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, plädiert für massive Investitionen Deutschlands in die Europäische Union und in die NATO - notfalls unter Preisgabe der schwarzen Null im Bundeshaushalt. "Was nützt uns denn die schwarze Null, wenn uns diese Kern-Institutionen unserer Sicherheit wegen Sparsamskeitserwägungen um die Ohren fliegen sollten?", sagte Ischinger der "Welt".
Er warnte: "Wir müssen Europa handlungsfähiger machen, sonst gehen wir kollektiv unter." Der Botschafter begründete die Forderung damit, dass das europäische Projekt und das transatlantische Bündnis zwei institutionelle Pfeiler der deutschen Außenpolitik seien: "Diese beiden Pfeiler haben uns eine friedliche Entwicklung unseres Kontinents ermöglicht, geschützt vor militärischen Gefährdungen. Folglich muss es doch das primäre Ziel bleiben, weiter in die EU und in die NATO zu investieren, finanziell und politisch."
Er finde es "mit den Prinzipien deutscher Außenpolitik kaum vereinbar, wenn wir nun - angesichts des Wegfalls des britischen Beitrags und angesichts neuer EU-Aufgaben wie zum Beispiel mehr Grenzschutz - infrage stellen, mehr in die EU investieren zu müssen. Natürlich müssen wir das machen."
Das sei ebenso eine "Investition in die sichere Zukunft unserer Kinder wie das Zwei-Prozent-Ausgabenziel für die Allianz". Die vom 14. bis 16. Februar in München stattfindende Sicherheitskonferenz stellt Ischinger in diesem Jahr unter das Motto "Westlessness".
Die sicherheitspolitische Lage sei im Vergleich zum vergangenen Jahr nicht besser geworden: "Die Welt ist in Gefahr, das muss die Konferenz abbilden. Deshalb können wir leider nicht optimistisch werden, sondern haben einen Begriff erfunden, der ein zentrales sicherheitspolitisches Problem widerspiegelt: Westlessness", so der Diplomat. Der Begriff drücke ein Doppelphänomen aus: "Der Westen selbst scheint weniger westlich zu werden, wenn man an die Wertediskussion, an die transatlantischen Friktionen, den Brexit, aber auch an Ungarn, Polen und die Türkei denkt. Und die Welt insgesamt scheint zunehmend weniger westlich geprägt: Die USA ziehen sich aus Krisenregionen zurück, Europa ist nicht handlungsfähig. Das so entstandene Vakuum wird durch Russland und regionale Mächte wie die Türkei oder den Iran gefüllt."
Quelle: dts Nachrichtenagentur