GroKo-Vertrag: Ischinger sieht Glaubwürdigkeit in der Nato gefährdet
Archivmeldung vom 07.02.2018
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Freigeschaltet durch André OttDer Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Botschafter Wolfgang Ischinger, sieht Deutschlands Glaubwürdigkeit in der Nato durch den neuen Koalitionsvertrag von Union und SPD gefährdet. Er gehe davon aus, dass die neue Bundesregierung trotz eines fehlenden eindeutigen Bekenntnisses im Koalitionsvertrag am Nato-Ziel festhalten werde, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Zwei Prozent des BIP bedeuten etwa 24 Prozent aller Steuereinnahmen für Militärausgaben.
"Selbst wenn diese Ziele nun im Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich auftauchen, bedeutet das ja nicht, dass eine künftige Bundesregierung ihre auf den Nato-Gipfeln in Wales und Warschau eingegangenen Verpflichtungen einfach ignorieren wird", sagte Ischinger der "Welt". "Es wird allerdings schwieriger, sie dann parlamentarisch umzusetzen." Das sei unter dem Aspekt der deutschen Glaubwürdigkeit in der Nato und der Sicherheit Deutschlands "sehr zu bedauern". Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist lediglich die Rede davon, dass "zusätzlich entstehende Haushaltsspielräume" genutzt werden sollen, um "dem Zielkorridor der Vereinbarungen in der Nato" zu folgen. Verbindlich festgeschrieben sind aber nur Mehrausgaben von zwei Milliarden Euro für Verteidigung und Entwicklungshilfe in vier Jahren. Während der Koalitionsverhandlungen seien "weltpolitisch bedeutende sicherheitspolitische Aussagen aus Berlin" nicht zu hören gewesen, sagte Ischinger weiter.
"Die schwierige Koalitionsbildung hat bisher zu einer gewissen Abstinenz der Verhandler geführt, sich mit den komplexen Themen deutscher und europäischer Antworten auf internationale Risiken, Krisen und Konflikte näher zu beschäftigen, insbesondere soweit militärische Fragen betroffen sind." Ischinger begrüßte, dass die Bundesregierung mehr Verantwortung in der Welt übernehmen wolle. Allerdings werde dieses "lobenswerte Ziel" nicht ausbuchstabiert. "So bekennen sich alle zu einer größeren außenpolitischen Handlungsfähigkeit der EU. Die kann man aber nicht herbeibeten. Dafür muss man etwas tun", sagte Ischinger. Er regte an, die Bundesregierung solle den Vorschlag des amtierenden Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) aufgreifen, auf die Ausübung des deutschen Veto-Rechts bei außenpolitischen Entscheidungen in Brüssel zu verzichten. "Wenn die Bundesregierung jetzt offiziell ihre Bereitschaft hierzu erklären würde, könnte das die längst überfällige Diskussion über qualifizierte Mehrheitsentscheidungen in der EU-Außenpolitik anstoßen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur