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Ifo-Chef Sinn kritisiert deutsches Euro-Krisenmanagement

Archivmeldung vom 06.05.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Hans-Werner Sinn (2008) Bild: Jan Roeder, Krailling / de.wikipedia.org
Hans-Werner Sinn (2008) Bild: Jan Roeder, Krailling / de.wikipedia.org

Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat das deutsche Euro-Krisenmanagement kritisiert. "Die Horrorszenarien, die für einen Austritt gemalt werden, sind allesamt übertrieben", sagte Sinn in einem Interview mit der "Welt". Insbesondere stimme es nicht, dass die Exportindustrie bei einem Austritt der Bundesrepublik kaputt ginge, sagte der Wirtschaftsforscher. "Ein bisschen Aufwertung täte Deutschland gut, weil der Vorteil der Verbilligung der Importe den Nachteil eines schlechteren Exportgeschäfts mehr als aufwiegen würde. Stärkere Aufwertungen könnte die Bundesbank jederzeit verhindern, indem sie ausländische Wertpapiere gegen eigene Währung erwirbt, ähnlich wie die Schweizer Notenbank es tat."

Sinn fügte hinzu, Deutschland solle den Euro aus politischen Gründen nicht verlassen, weil der Euro ein zentrales europäisches Integrationsprojekt sei. Aber wenn ein Land mit dem Euro nicht zurechtkommt, weil es nicht mehr wettbewerbsfähig ist, sollte es besser selbst austreten. "Deutschland sollte aufhören, solche Länder künstlich mit immer mehr öffentlichen Krediten, die nie zurückgezahlt werden, im Euro zu halten." Der Wirtschaftsforscher sagte, ihm schwebe eine offene Währungsunion vor, aus der man temporär austreten kann, wenn man nicht zurechtkommt und dabei auf Hilfen der Staatengemeinschaft für den Übergang rechnen kann. "Ich bin für einen Marshall-Plan für Griechenland nach dem Austritt, den wir gegebenenfalls auch im Alleingang stemmen. Das ist besser und billiger, als alles Geld durch kollektive Rettungsinstitutionen wie die EZB verteilen zu lassen, bei denen wir kaum etwas zu sagen haben, am meisten zahlen und dann dennoch den Schwarzen Peter bekommen." Den größten Reformbedarf in Deutschland sieht Sinn in der Familienpolitik. "Deutschland hat, gemessen an seiner Bevölkerungsgröße, die geringste Zahl von Neugeborenen unter allen entwickelten Ländern der Erde. Das gefährdet die finanzielle Stabilität unserer Sozialversicherungssysteme und die Stabilität der Gesellschaft an sich. Es bedarf einer groß angelegten Änderung der Anreizsysteme, die Eltern wieder die Anerkennung zukommen lässt, die sie verdienen und benötigen, um ihr Leben mit Kindern als Bereicherung zu empfinden. Dazu gehört eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte, aber auch ein Ende der finanziellen Diskriminierung der Familien in unserem Renten- und Steuersystem." Es gelte, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken und das Rentensystem so umzugestalten, dass die Sozialisierung der Beiträge der Kinder zulasten der Eltern, "die wir heute in riesigem Umfang betreiben, zumindest abgemildert wird". Auf die Steuer-Diskussion angesprochen sagte Sinn: "Steuerehrlichkeit ist eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen. Es ist richtig, das der Staat hier hart vorgeht. Ein Postchef, der erwischt wurde, hat aber das Recht, nicht schlechter behandelt zu werden als ein populärer Fußballstar." Allerdings sei er skeptisch im Hinblick auf den Umgang der Politiker mit Steuergeld. "Bei den Summen, für die die deutsche Regierung im Zuge der Euro-Rettungspolitik Haftung übernommen hat, kann einem schlecht werden. Politiker gehen viel zu leichtfertig mit dem Geld ihrer Bürger um. Müssten sie die kostenträchtigen Entscheidungen im Einzelnen dem Volk zur Abstimmung vorlegen, ähnlich wie es in der Schweiz der Fall ist, kämen mit Sicherheit ganz andere Entscheidungen zustande."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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