Troika entdeckt neue Haushaltslücken in Athener Budget
Archivmeldung vom 17.07.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Beobachtermission aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU und Europäischer Zentralbank (EZB) hat einem Medienbericht zufolge neue Haushaltslücken im griechischen Budget entdeckt. Für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 belaufen sich die neuen Löcher im Etat nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" auf je ein halbes Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das gehe aus einem Begleitschreiben des parlamentarischen Staatssekretärs Stefan Kampeter (CDU) im Bundesfinanzministerium an den Haushaltsausschuss des Bundestags hervor.
Das Schreiben beziehe sich auf den jüngsten Bericht der Troika zum zweiten Reformprogramm Griechenlands. Für die Lücken im Etat seien unter anderem "Ausgabeüberschreitungen im Gesundheitssektor und Verzögerungen bei der Erhebung von Grundsteuern ursächlich", schreibe Kampeter. "Die erforderlichen Maßnahmen, um wie geplant im Jahr 2013 einen ausgeglichenen Primärsaldo und im Jahr 2014 einen Primärüberschuss von 1,5 Prozent des BIP zu erreichen, wurden identifiziert und sollen im Juli beschlossen werden."
Unter Berufung auf den Troika-Bericht weist Kampeter darauf hin, dass die Privatisierung staatseigener Firmen nur langsam vorankommt. "Begrenzte Fortschritte gab es bei der Privatisierung", heißt es in dem Schreiben. "Die Privatisierungserlöse bleiben im Jahr 2013 voraussichtlich hinter den Erwartungen zurück."
Die Troika sieht außerdem Umsetzungsrisiken im Programm. "Die regierende Koalition verfügt nur über eine relativ dünne Mehrheit im Parlament", schreibt Kampeter. Die Konjunkturerholung werde durch die schwache Wirtschaftslage in der gesamten Euro-Zone belastet.
Wichtige Reformen der öffentlichen und der Finanzverwaltung stießen zudem auf Widerstand. Trotz allem zieht die Troika einen positiven Schlussstrich unter ihrem jüngsten Besuch in Athen. Das Land soll die nächste Hilfstranche von drei Milliarden Euro aus dem Rettungspaket in zwei Sub-Tranchen erhalten, wenn es notwendige Anpassungsmaßnahmen umsetzt.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble fliegt morgen auf Einladung der griechischen Regierung nach Athen. Dem Vernehmen nach will er dort aber weder über einen Schuldenschnitt, noch über weitere Milliardenhilfen reden. Einzig ein 100 Millionen Euro Hilfspaket, mit dem eine Art griechischer KfW gefördert werden soll, könnte besprochen werden.
Unmittelbar vor dem Besuch entscheidet heute Abend das Athener Parlament über ein umstrittenes Gesetz, das auch die Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten vorsieht. Billigen die Abgeordneten das Gesetz nicht, könnte die Regierung stürzen.
Griechischer Wirtschaftsminister: Ab 2014 geht es aufwärts
Der griechische Minister für Wirtschaft und Wettbewerb, Kostis Chatzidakis, verspricht sich von dem für Donnerstag geplanten Besuch des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) in Athen eine Stärkung der griechisch-deutschen Zusammenarbeit. "In den Jahren 2010 bis 2012 hat fast kein EU-Spitzenpolitiker Griechenland besucht, wir hatten das Gefühl, wir sollten bestraft werden", sagte Chatzidakis in einem Interview mit dem "Handelsblatt" (Donnerstagausgabe).
Nach dem Besuch von Bundeskanzlerin Merkel im vergangenen Jahr symbolisiere nun Schäubles Reise nach Athen eine engere Zusammenarbeit. Große Hoffnungen setzt Chatzidakis auf den geplanten Wachstumsfonds für Griechenland, über den beim Besuch Schäubles gesprochen werden soll. Der unter anderem mit Finanzmitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ausgestattete Fonds soll Kredite an griechische Klein- und Mittelbetriebe vergeben.
"Wir brauchen diesen Fonds, um unsere Wirtschat anzukurbeln", sagte Chatzidakis. Der Minister erwartet, dass 2013 das letzte Rezessionsjahr für Griechenland sein wird. "Wir gewinnen Wettbewerbsfähigkeit zurück, niemand spricht mehr von einem Grexit", sagte Chatzidakis. Mit Grexit ist ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone gemeint.
Er verteidigte die in Griechenland umstrittenen Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst: "Diese Sparmaßnahmen sind für unsere internationale Glaubwürdigkeit ebenso wichtig wie für die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen."
EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen will an Troika festhalten
Das Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, Jörg Asmussen, hat Überlegungen aus der EU-Kommission zurückgewiesen, die Troika aus EU, IWF und EZB aufzulösen. "Es gibt zu der Troika kurzfristig keine funktionierende Alternative", sagte Asmussen der "Rheinischen Post".
Keine Institution habe alleine das Wissen und die Erfahrung, die die drei Institutionen gemeinsam hätten, so Asmussen. "Die Troika arbeitet auch sehr gut zusammen, wie man vor Ort zum Beispiel in Athen sieht. Es gibt keinen Grund, mitten in der Krise diese bewährte Konstruktion zu ändern." Langfristig könne man aber über europäische Alternativen nachdenken, räumte Asmussen ein.
Brüderle: Griechenland muss zu seinen Zusagen stehen
Vor dem Besuch von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Griechenland hat FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle an die Regierung in Athen appelliert, ihre Reformversprechen zu halten. Der Tageszeitung "Die Welt" sagte Brüderle: "So wie Europa zu seinen Zusagen steht, wird auch Griechenland wissen, dass es zu seinen Zusagen an die Troika stehen muss." Griechenland habe schon ein gutes Stück seines Reformweges zurückgelegt, "darf aber in seinen Anstrengungen nicht nachlassen", so der FDP-Fraktionsvorsitzende. Es gelte weiter, hart zu arbeiten, "um das Land wieder wettbewerbsfähig zu machen".
Zeitung: Internationale Kredite für Griechenland reichen nicht aus
Die internationalen Kredite für das hochverschuldete Griechenland reichen nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" nicht aus, um dem Land aus der Krise zu helfen. Unmittelbar nach der Sommerpause müssten die Euro-Länder über die weitere Finanzierung des griechischen Programms entscheiden, sagte ein hoher Beamter der EU-Kommission dem Blatt. Andernfalls drohe eine Finanzierungslücke. Sie beträgt bis zu zehn Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird an diesem Donnerstag nach Athen reisen, um dort mit seinem Kollegen Giannis Stournaras sowie Regierungschef Antonis Samaras zu beraten.
Mit konkreten Antworten, wie die Finanzierungslücke geschlossen werden kann, ist vor der Bundestagswahl am 22.September nicht zu rechnen, weil Schäuble weder Zusagen machen noch das Programm platzen lassen wird. Zugleich drängt jedoch die Zeit. Die Euro-Länder müssen eigentlich bis Ende September entscheiden, woher Athen die dringend benötigten zehn Milliarden Euro bekommt. Ansonsten muss der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Zahlungen für Griechenland einstellen.
Hintergrund ist das Statut des IWF. Es besagt, dass der Fonds nur an solche Länder Kredite vergeben kann, die für mindestens zwölf Monate im Voraus ausreichend Geld haben, um wirtschaften zu können. Diese Bedingung ist nicht mehr erfüllt, weil die beschlossenen Finanzhilfen der Euro-Länder zum 30.Juni 2014 auslaufen. Nur wenn im September klar ist, dass Athen über Mitte 2014 hinaus flüssig ist, bleibt der IWF als Kreditgeber dabei. Steigt er aus, würde Athen nicht nur das Geld fehlen, das der Fonds bis 2016 zugesagt hat. Hinzu käme, dass einige Euro-Länder wie Deutschland und Finnland ihre Hilfe an die Zusage des IWF geknüpft haben, das griechische Hilfsprogramm mitzufinanzieren. Geht der Währungsfonds, müssten sie folglich ebenfalls aussteigen.
Dass Athen mehr Geld braucht, ist den Euro-Finanzministern bekannt. Die griechische Regierung hatte etwa zehn Milliarden Euro aus dem im Herbst 2012 beschlossenen Hilfspaket entnommen, um auf Ramschniveau gesunkene Staatsanleihen aufzukaufen und damit einen Teil des Schuldenbergs abzutragen. Das Geld war offiziell nicht dafür vorgesehen.
Weiterer Bedarf ergibt sich aus der Umschuldung und dem schleppenden Verkauf von Staatsbetrieben. Für 2013 erwarten die Kreditgeber einen ausgeglichenen Haushalt. "Die Ausgaben sind unter Kontrolle, bei den Einnahmen sind wir noch nicht zufrieden", sagte der hohe Beamte. Das größte Problem ist die Verwaltung, die kaum Fortschritte macht beim Eintreiben der Steuern. Schäuble will anbieten, dass die staatliche Förderbank KfW kleine und mittlere Betriebe in Griechenland indirekt mit günstigen Krediten unterstützt.
Die Firmen sind auf die Darlehen angewiesen, um investieren und junge Erwerbslose einstellen zu können. In Athen begannen die Gewerkschaften aus Protest gegen geplante Entlassungen im öffentlichen Dienst einen Streik. Behörden blieben geschlossen, der Nahverkehr stoppte.
Quelle: dts Nachrichtenagentur