Medien: Auswärtiges Amt hat keinen Überblick über Vergabe von Diplomatenpässen
Archivmeldung vom 07.11.2016
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Freigeschaltet durch André OttDas Auswärtige Amt ist offenbar nicht in der Lage zu erfassen, welchen Personen, die nicht zum "klassischen Kreis der Berechtigten" gehören, die Behörde einen Diplomatenpass ausgestellt hat: Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu hervor, über die das ARD-"Hauptstadtstudio" berichtet.
Hintergrund ist der Fall des IOC-Präsidenten Thomas Bach, der schon seit 1994 einen Diplomatenpass besitzt, obwohl er nie in offiziellem Regierungauftrag gereist ist. Das Dokument wurde vom Auswärtigen Amt auf der Grundlage einer Rechtsverordnung ausgestellt, die das für Reisen "im besonderen deutschen Interesse" möglich macht. Diese Begründung ist von der Opposition und von Staatsrechtlern heftig kritisiert worden. In der schriftlichen Anfrage wollte Mutlu deshalb wissen, welche weiteren Personen auf der gleichen Rechtsgrundlage einen Diplomatenpass erhalten haben.
Das Ministerium musste nun einräumen, dass ihm diese Angaben nicht zur Verfügung stehen: "Die Bundesregierung verfügt über keine gesonderte Auflistung derjenigen Personen, die einen Diplomatenpass nach den Maßgaben des § 4 Abs5 AVVaP erhalten haben." Für eine automatisierte Erfassung fehle es an dem notwendigen Eingrenzungskriterium.
"Eine händische Aufarbeitung bei über 30.000 Vorgängen zu Diplomatenpässen würde eine Vollzeitkraft circa drei Monate in Anspruch nehmen." Im Übrigen stehe dem Informationsanspruch des Parlaments der Schutz der betroffenen Personen entgegen. Der Grünen-Abgeordnete Mutlu reagierte empört auf die Auskunft der Bundesregierung: "Wenn jemand im besonderen deutschen Interesse einen Diplomatenpass erhält, ist das keine Privatsache", sagte er dem ARD-"Hauptstadtstudio".
"Entweder will das Auswärtige Amt die Informationen nicht rausgeben - oder sie wissen es wirklich nicht. Beides wäre ein Skandal und ist nicht hinnehmbar." Laut ARD-"Hauptstadtstudio" plant das Auswärtige Amt nun zumindest für zukünftige Passanträge eine transparentere Erfassung.
Quelle: dts Nachrichtenagentur