Gorbatschow zweifelte schon in den 70er-Jahren am Kommunismus
Archivmeldung vom 02.03.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, sieht sich selbst als "glücklichen Reformer" und hat zugegeben, dass er bereits in den 1970er Jahren am Kommunismus zweifelte. Das sagte Gorbatschow der "Bild-Zeitung" anlässlich seines 80. Geburtstags am Mittwoch. Er habe in seinem bisherigen Leben "unglaublich viel Glück" gehabt, so der frühere Generalsekretär der Kommunistischen Partei.
"Die Menschen haben mir vertraut. Ich konnte mein Land verändern, Europa, die ganze Welt. Ich habe den Kalten Krieg beendet", zog Gorbatschow eine Bilanz seiner politischen Arbeit. Als schlimmsten Moment seines Lebens bezeichnete Gorbatschow die schwierige Phase in den Jahren 1990 und 1991, als die von ihm eingeleitete Reformbewegung Perestroika gestoppt wurde. Rückblickend sei es ein Fehler gewesen, während des parteiinternen Streits in Urlaub zu fahren. "Ich fühlte mich vom Volk bestätigt, aber ich habe die Widerstände in der Partei unterschätzt - da war ich wohl auch ein bisschen zu selbstsicher. Die demokratischen Reformen waren noch nicht bei den Funktionären angekommen, deshalb der Putsch. So wurde die Perestroika auf halbem Wege aufgehalten", sagte Gorbatschow. Erste Zweifel am kommunistischen System seien ihm schon in den 1970er Jahren gekommen, so Gorbatschow. Damals habe er gerade angefangen, in der Moskauer Parteizentrale zu arbeiten. "Unsere Ideale scheiterten immer wieder an der praktischen Umsetzung", so Gorbatschow rückblickend. Er sei aber noch jahrelang überzeugter Kommunist gewesen und habe daran geglaubt, dass das System sich reparieren lasse.
Seine gute Gesundheit habe er vor allem seiner 1999 verstorbenen Ehefrau Raissa Gorbatschowa zu verdanken, sagte Gorbatschow. Sie habe ihn jahrzehntelang gezwungen, jeden Tag mindestens sechs Kilometer zu Fuß zu gehen: "Das hält mich bis heute fit und dafür bin ich ihr sehr, sehr dankbar."
Quelle: dts Nachrichtenagentur