Abhörprogramm: Europaparlamentarier fordern EU-Verfahren gegen Großbritannien
Archivmeldung vom 25.06.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Skandal um das brititische Abhörprogramm Tempora haben Abgeordnete des Europaparlaments die EU-Kommission aufgefordert, gegen Großbritannien vorzugehen. "Wir fordern Bundesregierung und EU-Kommission auf, gegen Großbritannien ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten", sagte der Grünen-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht der "Berliner Zeitung". Das bedeutet, Großbritannien müsste sich vor dem Europäischen Gerichtshof für sein Spähprogramm verantworten.
Unterstützung kommt auch von der Unionsfraktion im Europaparlament. "Wir fordern beim Tempora von Großbritannien das, was wir bei Prism von den USA gefordert haben: Aufklärung!", sagte der CSU-Abgeordnete Manfred Weber dem Blatt. "Wenn Europarecht gebrochen wurde, etwa in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung, muss die Kommission vorgehen", so Weber weiter.
Die EU-Kommission äußerte sich zuvor zurückhaltend. Justizkommissarin Viviane Reding habe sich der Sache angenommen, hieß es. Ein Vertragsverletzungsverfahren mochte sich aber niemand vorstellen. Albrecht, Berichterstatter im Justizausschuss des Europaparlaments, fordert aber. "Bundesregierung und Kommission müssen den Schutz der Grundrechte ernst nehmen."
Beim US-Programm Prism sind zwar die rechtlichen Möglichkeiten begrenzt. Möglichkeiten gebe es aber dennoch. "Die EU muss Google, Facebook & Co. gesetzlich die Weitergabe von Daten untersagen."
Umstrittene Spähprogramme: Uhl verteidigt Geheimdienste
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), hat die Geheimdienste in der Debatte um die umstrittenen Spähprogramme in Schutz genommen. "Das Sammeln und Analysieren von Daten ist die Kernaufgabe der Nachrichtendienste. Das ist nicht böse, sondern richtig", sagte Uhl der "Welt". Von den amerikanischen und britischen Behörden wolle er dennoch wissen, "was sie treiben".
Uhl erklärte: "Ein zivilisierter Rechtsstaat muss genau differenzieren zwischen Daten, die der Terrorabwehr dienen, und privaten Daten, die der Staat schützen muss." Uhl fordert zudem, dass der Bundesnachrichtendienst mehr Kommunikation zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland auf verdächtige Inhalte hin überprüfen soll. Erlaubt sind laut Gesetz 20 Prozent - "aufgrund technischer Probleme wird derzeit weitaus weniger erfasst und ausgewertet - hier haben wir Nachholbedarf", sagte Uhl.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, fordert von der deutschen Seite weniger Kritik an den nun bekannt gewordenen Ausspähprogrammen. Wendt sagte der "Welt": "Die Deutschen werden in der Welt als diejenigen wahrgenommen, die sich empören und verweigern." Für ein hohes Datenschutzniveau sei ein gemeinsames Vorgehen notwendig. "Wir dürfen nicht nur als Nörgler auffallen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur