Hamburg: Bürger mobilisieren gegen TTIP und CETA
Archivmeldung vom 05.02.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZwölf Tage vor der Bürgerschaftswahl macht die Bürgerbewegung Campact die umstrittenen Abkommen TTIP und CETA mit den USA und Kanada zum Thema des Hamburger Wahlkampfs. Tausende Hamburger haben über 410 000 "Denk-Zettel" bestellt, um sie am Tag vor der Wahl an Wohnungstüren in ihrer Nachbarschaft zu hängen. Damit wird ein Großteil aller Hamburger Haushalte erreicht.
Die Türhänger rufen auf zur Wahl zu gehen und informieren über die Positionen der Hamburger Parteien zu den geplanten Abkommen. Dreizehn Hamburger Bürger zeigen ihr Gesicht auf Plakaten an zahlreichen Standorten in ganz Hamburg sowie in Kinospots in 70 Hamburger Kinosälen. Sie rufen dazu auf, bei der Wahl gegen TTIP und CETA zu stimmen.
"Die Studie des unabhängigen Handelsexperten Thomas Fritz zeigt: TTIP und CETA laufen auf Kollisionskurs mit Hamburgs Zukunft und Demokratie" sagte Campact-Vorstand Felix Kolb. "Doch Hamburg hat über den Bundesrat einen erheblichen Einfluss darauf, ob die geplanten Abkommen durchkommen. Wir fordern alle Bürger auf, zur Wahl zu gehen, damit Hamburg nach der Wahl die Weichen gegen TTIP und CETA stellt".
Im Parteiencheck "Wer rettet Hamburgs Demokratie" werden die zur Wahl stehenden Parteien unter die Lupe genommen. Werden sie nach der Wahl Hamburgs Einfluss im Bundesrat nutzen, um die umstrittenen Abkommen zu verhindern? Wenig plausible Antworten werden dabei einem Faktencheck unterzogen.
Widersprüchlich ist dabei besonders die Position der SPD Hamburg: Obwohl ein Beschluss des Parteikonvents der Bundes-SPD sich im September gegen die Konzern-Schiedsgerichte ausgesprochen hat, wollte sich die SPD Hamburg nicht auf eine Ablehnung im Bundesrat festlegen.
"Wir bedauern, dass die SPD in dieser für Hamburgs Zukunft so wichtigen Frage die Öffentlichkeit vor der Wahl im Dunkeln lässt. Dies überrascht um so mehr, da das CETA-Abkommen mit der aktuellen Beschlusslage der SPD nicht vereinbar ist", erklärte Kolb und stellt die Frage: "Steht die SPD Hamburg zum Beschluss des Parteikonvents der Bundes-SPD, der die Schiedsgerichte ablehnt?"
Die von der CDU angeführten "Schutzvorschriften" in CETA halten einem Faktencheck nicht stand: Sie werden nur in der Präambel beschworen - dem einzigen Vertragsteil, der rechtlich nicht bindend ist. Bei der öffentlichen Daseinsvorsorge gibt es zudem weitreichende Öffnungsverpflichtungen. Die Klausel für den Schutz der Daseinsvorsorge schützt nämlich nur öffentlichen Aufgaben, bei denen ein staatliches Monopol oder ein "ausschließliches Recht" privater Anbieter besteht. Solche Monopole gibt es in der Daseinsvorsorge kaum noch. Pflegeheime, Krankenhäuser, Volkshochschulen, Nahverkehr z. B. stehen faktisch im Wettbewerb, und damit gelten hier die CETA-Öffnungsverpflichtungen.
Auch die FDP verhält sich wenig glaubwürdig: Während sie öffentlich klar für TTIP und CETA eintritt, wollte sie sich im Parteiencheck nicht festlegen. Kolb kritisierte die Weigerung der SPD, der FDP und in Teilen der CDU, eine klare Antwort zu geben: "Parteien sind gut darin, ihre Positionen zu umstrittenen Themen hinter wolkigen Formulierungen zu verstecken. Damit wollen sie sich alle Optionen offen halten. Doch die Hamburger haben ein Recht auf Ehrlichkeit. Sie müssen vor der Wahl wissen, wie sich die Parteien nach der Wahl in solch einer zentralen Frage verhalten werden."
Termin: Bürgergespräch "TTIP und CETA in Hamburg". Hamburger Parteienvertreter diskutieren mit Bürgerinnen und Bürgern. Donnerstag, 5. Februar, 20 Uhr, Oberhafenkontor, Lippeltstr. 1, 20097 Hamburg
Campact-Studie "Auf Kollisionskurs mit der Demokratie: TTIP und CETA in Hamburg" (Studie und Briefing) http://bit.ly/1Aozt3S
Blog-Serie "Hamburg 2021" mit Szenarien zu möglichen Auswirkungen von TTIP und CETA auf Mieten, Fracking, Theater und Lohndumping (weitere in Vorbereitung) http://bit.ly/18KDHqK
Quelle: Campact