IWF-Aufstockung fällt mit 150 Milliarden Euro zunächst geringer aus
Archivmeldung vom 20.12.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Mittel des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden nicht wie geplant um 200 Milliarden, sondern zunächst lediglich um 150 Milliarden Euro aufgestockt. Das teilte der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Finanzminister und Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, am Montagabend nach einer Telefonkonferenz mit den 27 Finanzministern der Europäischen Union (EU) mit. Demnach werde sich Großbritannien vorläufig nicht mit weiteren Mitteln beteiligen.
Im Rahmen der G20 Anfang kommenden Jahres wolle das Land jedoch erneut über eine Beteiligung befinden. Zusagen für die Bereitstellung weiterer Mittel gibt es derweil aus mehreren Euro- und Nicht-Euro-Ländern. Die Deutsche Bundesbank beispielsweise ist zu einer Zahlung von 45 Milliarden Euro bereit. Belgien will rund 9,5 Milliarden Euro dazu geben und das niederländische Parlament zeigte Bereitschaft für eine Zahlung von maximal 17 Milliarden Euro.
Außerhalb der Euro-Zone hätten Dänemark, Schweden, Tschechien und Polen Zustimmung signalisiert, so Juncker, der jedoch keine konkreten Zahlen nannte. Die Aufstockung des IWF war am 9. Dezember auf dem EU-Gipfel beschlossen worden, um eventuelle Programme für Krisenländer zu finanzieren. Die nötigen Gelder sollten von den 17 Ländern der Euro-Zone, weiteren EU-Staaten sowie den USA, Russland und Japan kommen. Der Anteil der Nicht-Euro-Länder sollte den Plänen zufolge bei 50 Milliarden Euro liegen.
Vorstand Nagel verteidigt Bundesbank-Haltung zu IWF-Kreditlinien
Der für Märkte zuständige Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel verteidigt die umstrittene Haltung der Bundesbank zu den geplanten IWF-Kreditlinien für Europa. "Ich halte es für wichtig, dass Europa das Signal an die Investoren sendet, dass es seine Probleme selbst lösen kann. Fakt ist aber auch, dass der IWF nur über eine breite internationale Beteiligung aufgestockt werden kann", sagte Nagel der "Welt". Auf ihrem jüngsten EU-Gipfel hatten die Staats- und Regierungschefs beschlossen, dass die nationalen Notenbanken dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Kreditlinien bereitstellen sollen, um mit diesen Geldern kriselnden Euro-Staaten zu helfen. Nicht nachvollziehen kann Nagel die Kritik an der Forderung der Bundesbank, dass der Bundestag die Entscheidung mittragen müsse. "Hätten wir das nicht gemacht, hätten wir uns Intransparenz vorhalten lassen müssen", sagte Nagel.
Der Währungshüter wehrte sich auch gegen die Kritik, dass die Hilfen eine monetäre Staatsfinanzierung durch die Hintertür sei. Bekomme ein Land Hilfen vom IWF, müsse es Bedingungen erfüllen. Zudem müssten die Gelder vom IWF bewilligt werden, und dort hätten die Europäer keine Mehrheit. "Deshalb können Sie IWF-Kreditlinien nicht mit monetärer Staatsfinanzierung gleichsetzen", sagte Nagel der Zeitung.
Entschieden sprach sich Nagel gegen groß angelegte Staatsanleihenaufkäufe durch die EZB aus. Diese Forderung wird von vielen Regierungschefs und Investoren an die Notenbank herangetragen, um die Euro-Krise zu beenden. Die Märkte würden kurz jubeln, dann aber schnell befürchten, dass diese Lösung Deutschland überfordern würde, warnte Nagel. Zudem würden sie die Glaubwürdigkeit der EZB anzweifeln. "Die Bazooka-Lösung ist ein Rohrkrepierer. Es ist doch verrückt, mit welcher Selbstverständlichkeit wir aufgefordert werden, außerhalb unseres gesetzlichen Auftrags zu handeln." Nur die Politik könne die Krise lösen. "Das wird sicher noch einige Zeit dauern. Die Finanzkrise wird 2012 nicht vorbei sein. Abe r dieser beschwerliche Weg ist der einzige", sagte Nagel. So sei der jüngste EU-Gipfel "richtungsweisend" in dem Bestreben gewesen, die Währungsunion zu einer nachhaltigen Fiskalunion auszugestalten, so Nagel. "Das ist genau der Kurs, den die Bundesbank immer gewollt hat. Die Finanzmärkte werden die Fortschritte relativ zügig goutieren, da bin ich mir sicher."
Quelle: dts Nachrichtenagentur