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Außenpolitiker fordern Neubewertung des EU-Türkei-Deals

Archivmeldung vom 26.09.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.09.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Türkei und die Europäische Union. Vereinbar?
Türkei und die Europäische Union. Vereinbar?

Bild: bpb.de

Angesichts steigender Migrantenzahlen auf der sogenannten Balkanroute plädieren Außenpolitiker aus Union und FDP für eine Revision des 2016 getroffenen Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei. Es sei mittlerweile "offenkundig, dass das Türkei-Abkommen erodiert", sagte der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul der "Welt".

Deswegen sei es dringend nötig, dass die Bundesregierung "in Ankara vorstellig wird und den türkischen Präsidenten Erdogan an die Verpflichtung erinnert, die er eingegangen ist". Die steigenden Zahlen auf der Balkanroute führen Menschenrechtsorganisationen derzeit vor allem auf die Angst syrischer Migranten vor Rückschiebung ins Kriegsgebiet zurück. Da das Verhältnis der Türkei zu Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) belastet sei, werde sich "Bundeskanzler Scholz persönlich kümmern müssen", sagte Wadephul.

Für die Vorgängerin Angela Merkel (CDU) sei ein enger Draht zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan immer wichtig gewesen. Dass es bei dem Thema in Berlin bisher "keine Aktivitäten" gebe, könne sich Deutschland nicht leisten. "Wir sind das Zielland", so Wadephul weiter. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrich Lechte sagte der "Welt", dass der EU-Türkei-Deal weiterentwickelt werden müsse. "In Sachen Flüchtlingen sitzen Türkei und EU im gleichen Boot." Erdogan habe mit den 3,5 Millionen Migranten freilich stets ein probates Druckmittel gegenüber den Hauptstädten westlich des Bosporus in seinem politischen Instrumentenkasten. Wichtig sei nun, das Flüchtlingskommissariat und das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen "auch in finanziell herausfordernden Zeiten auf keinen Fall dem Rotstift der Bundesregierung zum Opfer fallen" zu lassen, sagte Lechte weiter.

Die Flüchtlingshilfe vor Ort sei um den Faktor 20 günstiger als für einen Flüchtling, der in Deutschland direkt versorgt wird. Die steigenden Zahlen sorgen in vielen Bundesländern und Kommunen inzwischen zu Sorgen vor Überlastung. In den Aufnahmezentren gebe es derzeit ein "hohes Ankunftsgeschehen", bestätigte Dirk Adams (Grüne), Thüringer Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, der "Welt". Die Fluchtbewegung nach Europa bleibe ein "Dauerthema".

Von der Bundesregierung erwartet der Thüringer, wieder eine "regelmäßige Berichterstattung" aufzunehmen, um die Verteilung auf die Kommunen besser planen zu können. Weil aus Berlin zuletzt keine Prognosen mehr über ein zu erwartendes Migrationsaufkommen veröffentlicht wurden, hatten die Länder selbst Schätzungen angestellt. Adams sieht den Bund aber auch in der Pflicht, wegen der jüngsten Entwicklung zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Integrations- und Flüchtlingsministerin von Nordrhein-Westfalen, Josefine Paul (Grüne), sagte der Zeitung, dass das Land zu seiner humanitären Verantwortung stehe. "Wir bereiten uns derzeit darauf vor, dass gerade im späteren Herbst und Winter wieder mehr Menschen zu uns kommen könnten." Bei dieser Herausforderung müssten alle - also Bund, Länder und Kommunen - an einem Strang ziehen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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