Auswärtiges Amt spricht mit Syrien über Freilassung des Terrorverdächtigen Zammar
Archivmeldung vom 11.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Fall ist heikel, denn es geht um einen als besonders gefährlich geltenden Terrorverdächtigen. Doch die Bundesregierung sieht sich an ihre Fürsorgepflicht gebunden - und spricht mit Syrien über eine Freilassung des in Damaskus inhaftierten Deutsch-Syrers Mohammed Haydar Zammar, der mit Attentätern des 11. September 2001 Kontakt hatte.
Zammar war im Oktober 2001 von Hamburg
nach Marokko gereist, wo er Ende des Jahres auf Ersuchen der USA
festgenommen und nach Syrien weitergereicht wurde. Dort verurteilte
ihn ein Gericht Anfang 2007 in nicht-öffentlicher Verhandlung zu
zwölf Jahren Haft. Der genaue Urteilsspruch ist nicht bekannt, nach
Kenntnis von Sicherheitsexperten hielten die Syrer Zammar die
Mitgliedschaft in der islamistischen Muslimbruderschaft und die
Beteiligung an Plänen zu Anschlägen in Syrien vor.
"Wir bemühen uns um eine Freilassung aus humanitären Gründen",
sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes (AA) am Montag dem
Tagesspiegel. Der Ausgang der Gespräche mit Syrien sei allerdings
offen. Auf die Frage, ob Damaskus für eine Freilassung Zammars eine
Gegenleistung verlange, wollte die Sprecherin des AA nichts sagen.
Sicherheitsexperten sehen eine mögliche Rückkehr Zammars nach
Deutschland mit gemischten Gefühlen. Der 1982 eingebürgerte Islamist
wurde nach eigenen Angaben 1991 in Afghanistan militärisch
ausgebildet, kämpfte 1995 in Bosnien auf der Seite der Muslime und
traf im Jahr 2000 in Afghanistan bei einer Feier auf Osama bin Laden.
In Hamburg war er mit der Gruppe um Mohammed Atta befreundet, den
späteren Attentätern des 11. September. Sicherheitsexperten halten
Zammar vor, er habe die Verbindung der Atta-Zelle zu Al Qaida
hergestellt. Sollte der Islamist nach Deutschland zurückkehren,
"bedeutet das ein Sicherheitsrisiko", sagte ein Fachmann.
Bei der Bundesanwaltschaft ist ein Verfahren gegen Zammar wegen
des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung
anhängig. Für einen Haftbefehl reichte es bislang jedoch nicht. Die
Behörden hatten zu wenig in der Hand, um Zammar nur Wochen nach den
Anschlägen vom 11. September 2001 am Verlassen der Bundesrepublik in
Richtung Marokko zu hindern. Entließe Syrien Zammar vorzeitig aus der
Haft, müsste er auch nicht befürchten, die Reststrafe in Deutschland
verbüßen zu müssen. Der Prozess und das Urteil gegen Zammar genügten
offenkundig keinen rechtsstaatlichen Maßstäben, hieß es in
Sicherheitskreisen.
Die Gespräche mit Syrien sind ein weiteres Kapitel im Fall
Zammar, der einiges Aufsehen erregt. Mit der Rolle der deutschen
Behörden in der Geschichte befasst sich seit Ende 2007 der
BND-Untersuchungsausschuss. Vor allem die Abgeordneten der
Linksfraktion werfen der ehemaligen Regierung Schröder vor, sie sei
mitschuldig an der Verschleppung Zammars nach Syrien, weil sie
rechtswidrig persönliche Daten Zammars den US-Behörden übergeben
habe.
Quelle: Der Tagesspiegel