Auswärtiges Amt: Sicherheitslage in Syrien weiter verheerend
Archivmeldung vom 20.11.2018
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Freigeschaltet durch André OttDas Auswärtige Amt hat in seinem aktuellen Lagebericht ein verheerendes Bild der Sicherheits- und Menschenrechtslage in Syrien gezeichnet. Dies geht aus dem 28-seitigen Papier hervor, das auf den 13. November datiert ist und über welches das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" berichtet. Es dient der vom 28. bis zum 30. November in Magdeburg tagenden Innenministerkonferenz als Entscheidungsgrundlage für mögliche Abschiebungen. "Polizei, Justizvollzugsbeamte und vor allem Sicherheits- und Geheimdienste wenden systematisch Folterpraktiken an, insbesondere gegenüber Oppositionellen oder Menschen, die vom Regime als oppositionell eingestuft werden", heißt es in dem Bericht.
"Folter macht in Syrien auch vor Kindern nicht halt." So seien "zahllose Fälle dokumentiert, bei denen einzelne Familienmitglieder, nicht selten Frauen und Kinder, für vom Regime als feindlich angesehene Aktivitäten anderer Familienmitglieder inhaftiert und gefoltert wurden". Diese "Sippenhaft" könne "bereits bei bloßem Verdacht auf mögliche Annäherung an die Opposition" wirksam werden. Insgesamt weist der Bericht seit 2011 rund 13.000 bestätigte Todesfälle nach Folter aus. Schließlich fänden "Vergewaltigungen, Folter und systematische Gewalt gegen Frauen von Seiten des syrischen Militärs und alliierter Gruppen unter anderem an Grenzübergängen, militärischen Kontrollstellen und in Haftanstalten" statt. Die Zwangsrekrutierung von Kindern zum Militärdienst sei seit 2014 stetig gestiegen. Große Gefahren kommen dem Lagebericht zufolge auf zurückkehrende Flüchtlinge zu. "Innerhalb der besonders regimenahen Sicherheitsbehörden gelten Rückkehrer als Feiglinge und Fahnenflüchtige, schlimmstenfalls sogar als Verräter bzw. Anhänger von Terroristen", steht in dem Papier.
Und "immer wieder" seien "Rückkehrer, vor allem solche, die als oppositionell oder regimekritisch erachtet werden, erneuter Vertreibung, Sanktionen bzw. Repressionen bis hin zu Gefährdung für Leib und Leben ausgesetzt". Dies gelte in erster Linie für Gebiete unter Regimekontrolle. Aber auch ökonomisch sei die Lage für Rückkehrer schwierig. So habe es zwar allein 2017 rund 720.000 Rückkehrer gegeben, in demselben Zeitraum jedoch ebenso 1,8 Millionen neue Binnenvertriebene. Von derzeit 18 Millionen im Land lebenden Syrern gelten 13 Millionen laut Bericht als hilfsbedürftig, 5,6 Millionen sogar als akut hilfsbedürftig. "Angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage bestehen wenige Möglichkeiten zur Schaffung einer ausreichenden Lebensgrundlage bzw. der Sicherung des Existenzminimums", schreiben die Autoren. Der Bericht wurde von der Innenministerkonferenz Anfang Dezember 2017 angefordert und jetzt den Behörden übersandt, die in Asyl- und Aufenthaltsfragen zuständig sind.
Die Länderinnenminister diskutieren bereits seit Tagen, ob Abschiebungen von Urhebern schwerer Straftaten und terroristischen Gefährdern nach Syrien vertretbar sind. Die Innenminister von Bayern und Sachsen, Joachim Herrmann (CSU) und Roland Wöller (CDU), sprachen sich dafür aus. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will den geltenden Abschiebestopp hingegen bis Ende Juni verlängern. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) plädierten für eine Prüfung.
Quelle: dts Nachrichtenagentur